Gestaltungs- und Farbtrends 2013
- Erstellt: 16. August 2016

»Cocooning« oder »Homing« nennen Trendforscher und Soziologen die Verlagerung der sozialen Kontakte in das private Wohnumfeld. Dieser Trend aus den 1980er-Jahren hat auch heute, angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten, wieder hohe Aktualität.
Die eigenen vier Wände bekommen durch diesen Trend zum »Cocooning« somit einen immer höheren Stellenwert. Das Bedürfnis nach Einzigartigkeit und Individualität nimmt zu. Ob Single, Paar oder Familie, der Trend zur Wohlfühloase, einem Rückzugsort in den eigenen vier Wänden nimmt zu. Nach Autos, Schmuck oder Urlauben, wird das Haus und die Wohnung immer mehr als Prestigobjekt gesehen. So wird beispielsweise ein Restaurantbesuch immer häufiger in gemeinsame Kochabende mit Freunden nach Hause verlagert. Diese Veränderung spiegelt sich auch deutlich in den neuen Wohntrends wider. Das stellt hohe Anforderungen an Architekten und die ausführenden Handwerker, denn die Gestaltung und Einrichtung sollte so perfekt wie möglich sein, damit sich die Bewohner rundum wohlfühlen. Jedes Jahr stellt sich die Frage: was wird im Trend sein? Dabei ist es unerheblich, ob das Fragezeichen im Bereich der Mode, in der Automobilindustrie oder der Wohnung und dem Haus gesetzt wird. Grundsätzlich gilt für alle Bereiche eine ähnliche Trend-Entwicklung. Für 2013 kann man die unterschiedlichen Trends von Farb- und Oberflächenkombinationen grob in vier Gruppen unterteilen:
Historisch-Prächtig
Elegante, goldene Oberflächen mischen sich mit Ornamentik, wie sie aus Schlössern bekannt sind. Auch Stuckelemente sind hier als Kombinationsgegenstand einsetzbar. Die sinnlichen Oberflächen, die durch ihre Einzigartigkeit bestechen, werden zusätzlich mit Licht hervorgehoben und betont. Die Farbpalette erstreckt sich von sehr dunklen Violett- und Blautönen bis hin zu Pastellgrün oder auch zartes Rosé.
Muster weltweit
Exotisch gestaltete Texturen und ein weltweiter Mix aus verschiedenen Kulturen bestimmen hier die Gestaltung. Edle Oberflächen gemischt mit kitschigen Elementen bekräftigen die Individualität dieses Trendtypus. Die Farbkombinationen lassen sich in kein gewöhnliches Raster stecken, sie erstrecken sich von gedämpften Farben bis hin zu leuchtendem Rot und knalligem Grün.
Freigeist
Gitterstrukturen, Transparenz und luxuriöse Texturen gemischt mit leuchtenden Farben nehmen diese Trendgruppe ein. Dunkle und helle Farbtöne gemischt mit Komplementärfarben zeichnen sich hier deutlich ab.
Natur
Nachhaltigkeit und lebendige Stoffe prägen diese Gruppe. Holz kombiniert mit oxidierten Oberflächen, werden durch Putze in ihrer Naturfarbe ergänzt. Muster und Formen aus der Natur werden übernommen und mit facettenreichen Farbkombinationen versehen. Kräftige, aber natürliche Farben ergänzen diesen »Natur-Look« und peppen ihn somit auf. Neben den Farbkombinationen liegt der Trend immer mehr in der Strukturierung von Fassade und Raum. So wird im Innenbereich oftmals die Tapete durch einen kreativ aufgebrachten Putz ersetzt. Die Eintönigkeit an Fassadenflächen wird gerade in Neubaugebieten durch verschieden strukturierte Oberflächen durchbrochen.
Weg von der Masse
Die persönliche Beratung des Fachhandwerkers und die einzigartige Ausführung gewisser Handwerkstechniken gewinnt damit immer mehr an Bedeutung. Hier gilt es, sich von der Masse loszulösen und individueller vorzugehen. Hier ist eine, auf den Kunden abgestimmte Beratung das A und O, denn so kann exakt auf die Bedürfnisse und Vorstellungen eingegangen werden. Gerade bei strukturierten Oberflächen sind der Kreativität fast keine Grenzen gesetzt. Einschränkungen sind natürlich im Außenbereich, gerade auf Wärmedämm-Verbundsystemen, gegeben. Für den Innenbereich müssen die Nutzungsanforderungen vorab geklärt werden. So sollte beispielsweise bei einem Schulbau darauf geachtet werden, dass die Wände auch belastbar sind, was in Bereichen, in denen die Optik im Vordergrund steht, nicht ausschlaggebend ist. Anschließend bestimmt die Wahl des Produktes auch die Möglichkeiten der Strukturierung.
Muster, die begeistern
Um die Ideen in diesen Bereichen zu erweitern, ist es sinnvoll, die bekannten Produkte neu zu entdecken und auszuprobieren. In einem Workshop der Firma Baumit wurden von Handwerkern unterschiedlichste Produkte »umfunktioniert« und ausgetestet. Mit bekannten, aber auch auf dem Bau ungewöhnlichen Werkzeugen wurden in nur zwei Tagen Muster erzeugt, die gefielen. Ein kleiner Auszug soll ermutigen und anregen, einfach nach dem Motto »alles ist möglich«, die Handwerkslust wieder neu zu erleben. Im nachfolgenden Beispiel wurde ein Büroraum nur durch die Gestaltung zweier Wände völlig verändert (siehe Vorher-/Nachher-Bilder 7 und 8). Die Technik wird mit einem traditionellen Kratzputz ausgeführt, der normalerweise in einer sehr hohen Schichtdicke aufgetragen und nach ausreichender Erhärtung mit einem Kratzigel gekratzt wird. Hier wird aber der Kratzputz etwas anders verarbeitet.
Verarbeitung
Der Kratzputz wird in der praxisüblichen Verarbeitungskonsistenz angemischt und auf den vorbereiteten Untergrund über Kornstärke, aber nicht unter 4 mm aufgetragen (Bild 2). Anschließend wird dieser abgeglättet (Bild 3). Entstehen dabei kleine Blasen, diese werden mit einer Kelle aufgestochen und wieder mit Kratzputz gefüllt (Bild 4). Je nach Temperatur wird der oberflächlich angetrocknete, matte Putz nach zirka ein bis zwei Stunden oberflächlich wieder aufgekratzt. Hierbei sollte mit unterschiedlichem Druck »kreuz und quer« gekratzt werden, um eine gewisse Unregelmäßigkeit zu erhalten (Bild 5). Wird der Kratzputz mit Glimmerzusatz ausgestattet, wirkt dieser gerade bei Lichteinfall sehr edel (Bild 6).
Resümee
Die Kombination aus aktuellen Trends und altbewährtem Handwerk ist in jedem Fall die richtige Wahl, um die Individualität des Kunden anzusprechen. So kann aus einer gewöhnlichen Einzimmerwohnung im fünften Stock eine Wohlfühloase werden, die einen Rückzugsort bietet, der in der heutigen Zeit selten anzufinden ist.
Susanne Rietzler
Anwendungstechnikerin Baumit
Abbildungen: Baumit Ausgabe: 4/2013