13. Januar 2016

Ausgezeichnetes Handwerk

Der KfW-Award zeichnet vorbildliche Wohnungssanierungen aus. 2012 war das Schwerpunktthema »Modernisieren mit Weitblick – energieeffizient und
generationengerecht umbauen«. Wir stellen drei prämierte Arbeiten vor.

Das Ziel des Wettbewerbs der Bank für Wiederaufbau (KfW) ist es, Impulse zur Belebung des Wohneigentums zu geben sowie zukunftsweisende Trends in Deutschland aufzuzeigen. Hierbei steht vor allem die Förderung des energie­bewussten Bauens im Mittelpunkt.

Lehm im »Nonnenhaus«
In der Tübinger Altstadt ließen sich ­Dominikanerinnen 1488 ein Kloster bauen. Heute bietet das sanierte Haus Wohnen für Jung und Alt, ein Büchercafé und Kunstgewerbe. Neben neuen Holzsprossenfenstern, Haustür und ­einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, waren es vor allem differenzierte Wärmedämmungen, durch die das Haus heute eine vorbildliche energetische Qualität erzielt. Gedämmt wurden die Außenwände, das Dach und erdberührte Wand- und Bodenflächen. Zwei fachwerksichtige Fassaden erhielten eine Innendämmung mit Lehm­komponenten: Ausgleichsputz, 6 cm Holzweichfaserplatten, Grundputz und 3 mm Feinputz. Erst wurden die Wände von Lackresten, alten Nägeln und anderen Fremdmetallen befreit. Dann wurde der Staub entfernt und es wurde Haftgrund sowie der Ausgleichsputz aufgetragen. Die starre Holzweichfaserplatte benötigt eine gerade Fläche – bei dem über 500 Jahre alten Haus eine Herausforderung. »Mitunter musste der Ausgleichputz in zwei Schichten aufge­tragen werden, weil die Wände so krumm waren«, erinnert sich der Lehmbauer Andreas Lutz.

Drei Schichten Lehm
An manchen Stellen ­waren es 5 bis 10 cm. Um mehr Lehm auftragen zu ­können, befestigte er in diesen Bereichen Putzträger auf dem Fachwerk.
Die Holzweichfaserplatte erhielt drei Schichten Lehm: Grundputz mit Stroh, groben Oberputz mit einer Armierung aus Glasfaser und Feinputz. »Weil dem Bauherren diese Arbeiten sehr gut ­gefallen haben, konnte ich eine ­Wohnung ganz mit Lehm verputzen«, freut sich der Lehmbauer. Auch die vor Spritzwasser geschützten Flächen in den Bädern erhielten Lehmfeinputze. In zwei Räumen kamen aus Sicherheitsgründen Caciumsilikat-Platten zum Einsatz, weil es dort Feuchtebelastung gab. Bei der Balkenkopfsanierung wurden Lehmwickel aus- und wieder eingebaut.
Um den Trittschallschutz zu verbessern, wurde 8 cm Lehmschüttung auf die Fehlböden eingebracht. Auch die Fas­sade wurde saniert: Die Ausfachungen konnten fast komplett erhalten werden. Nur an der Südwestecke, wo auch das Fachwerk erneuert wurde, wurde mit Lehmsteinen ausgemauert.
Die bestehende Putzfassade erhielt ein WDVS mit 8 cm Mineralwolle. Bei Unter­suchungen fanden sich an einer Fas­sade alte, profilierte Fensterleibungen, die zugemauert und verputzt ­gewesen waren. Diese Stelle wurde fachwerksichtig restauriert und die ­Leibungen freigelegt.
Architekten: AeDis Kieferle.Reiner. Schmid.GbR in Hochdorf
Handwerker Lehm: Andreas Lutz in ­Tübingen
Innendämmung: Claytec

Baugemeinschaft Südstadtschule
Ziel der Baugemeinschaft Südstadtschule GbR war es, die ehemalige Sehbehindertenschule in Hannover zu ­einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt umzubauen. Das Gebäude wurde komplett innen gedämmt, um die äußere Erscheinung nicht zu beeinträchtigen. Die 120 Millimeter dicke kapillaraktive Innendämmung besteht aus Kalzium­silikat, Korkdämmlehm, Mineralschaum und Perliten. Das Projekt erreichte so »KfW-Effizienzhaus 70«. ­Zusätzlich konnten auch die Erneuerung von Fenst­ern, die Dämmung der Dächer und Kellerdecken sowie der Einbau von wohnungszentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zu einer Verbesserung der ­Energieeffizienz bei­tragen. Das Haus beinhaltet drei Büro-einheiten und eine Stadtbibliothek.
Architekten: Mosaik Architekten in ­Hannover
Innendämmung: Xella


Kalk im Jagdschlösschen
Das denkmalgeschützte Jagdschlöss­chen in Mosisgreut ist Bestandteil eines ehemaligen Rittergutes. Ziel der Bauherren war es, das stark beschädigte und seit über 40 Jahren leer stehende Gebäude als alltagstaugliches und ­altersgerechtes Wohnhaus wiederherzurichten. Hohe Priorität hatte dabei ­eine größtmögliche authentische und originalgetreue Restaurierung. Oliver Lombacher, Inhaber der Firma Lom­bacher Stuck- u. Restaurierungswerkstätte, sicherte und restaurierte die his­torischen Innenputze. Er hinterspritzte und stabilisierte die Wand- und die Deckenputze. Da größere Schichtdicken notwendig waren, verwendete er eine Baustellenmischung aus Luftkalk mit Zuschlägen wie Marmormehl und Additiven wie Zelluloseleim. »Das war ein rundum schönes Projekt«, freut sich der Spezialist für reine Kalkputze. Er führte auch den Trasskalk-Außenputz aus. Die 11,5 cm dünne Fachwerkwand des ­kleinen Giebels dämmte er innen mit Caciumsilikat-Platten. Eine große ­Herausforderung neben der denkmalschützenden Sanierung war es, den ­modernen und nachhaltigen Anforderungen der Energieeffizienz zu ent­sprechen. Hierzu dienten unter anderem ein Schindelschirm mit Dämmpaket, Kastenfenstern, Fußbodenheizung in Flur und Küche sowie leistungsfähige Kachelöfen.
Architekten: Architekturlokal in ­Ravensburg
Handwerker: Oliver Lombacher in Stuttgart
Kalkputze: Baustellenmischung

Achim Pilz,
Fachjournalist

Alle Preisträger des KfW-Awards im ­Internet unter award.kfw.de > Archiv

Abbildungen: KfW Bankengruppe/Pfütze                                                                                            Ausgabe: 6/2013