01. Januar 2016

Kreativität mit Putz und Farbe

Gestaltungsprinzipien sind notwendig, um den Anforderungen, dem Nutzungsverhalten und dem Kundenwunsch gerecht zu werden. Die richtige Material- und Farbauswahl schafft ­Individualität und spiegelt die Lebensweise und den Charakter der Bewohner wider.

Die Frage nach der »richtigen Gestaltung« für einen Raum oder ein Gebäude hängt von vielen Faktoren ab. Für ein klares Konzept ist es wichtig, den Raum zu »analysieren«, um den Kundenwunsch zu ermitteln. Ziel des Planers und Handwerkers ist es, die Anforderungen und Wünsche der Bewohner in Einklang mit aktuellen baulichen Standards zu bringen. Ein Leitfaden für die Gestaltung mit Farben und Oberflächen in ­Innenräumen:
• Funktion und Verwendungszweck
• Raumform und Proportion des Raumes
• Belastung des Raumes (zum Beispiel durch Kinder), anschließend Fest­legung der Materialien
• Einrichtung (Materialien, die erhalten bleiben), Ausstattung
• Belichtung (Tageslicht)
• Beleuchtung (Kunstlicht, Lampen)

Klare Linie muss vorhanden sein
Nach Absprache mit dem Kunden kann bereits ein grober Entwurf möglicher Gestaltungen erstellt werden. Hier ist es notwendig, den Raum als Ganzes zu ­betrachten und ebenfalls optische Raumveränderungen zu berücksichtigen. Durch die unterschiedliche Betonung der Raumflächen (Boden, Wand, Decke)  können die Proportionen des Raumes verändert werden. So wird beispiels­weise die Raumhöhe reduziert, indem die Decke akzentuiert wird oder die Raumbreite betont, wenn sich alle Wände deutlich von Boden und Decke hervorheben. Da das Angebot ­unterschiedlichster Werkstoffe und ­Materialien nahezu ­unbegrenzt ist, muss hier eine klare ­Linie ­geschaffen ­werden, um diese Auswahl einzu­grenzen.
Mit Tapeten sind heutzutage nahezu ­alle Oberflächen an die Wand zu ­bringen. Doch nicht nur die Optik ist bei ­einer gelungenen Innenraumgestaltung von Bedeutung, sondern auch Haptik und Charakter, die bei Wandbekleidungen in Form von Tapeten meist ver­lorengehen (Bild 1).

Die Handschrift des Handwerkers
Um die Originalität der gewünschten Oberflächen zu erhalten, sind Raum­gestaltungen mit mineralischen Produkten interessant und authentisch. So sieht beispielsweise eine Kalkpress­technik bei jedem Handwerker anders aus, da sich hier die »Handschrift« des Ausführenden abzeichnet (Bild 3). In ­einer Zeit, in der immer mehr Produkte »von der Stange« geliefert werden, wächst der Wunsch der Bauherrn nach Individualität und Einzigartigkeit (Bilder 5 und 6). Daher gewinnen Tech­niken und Strukturen, die fast schon in Vergessenheit geraten und oftmals nur noch in alten Häusern zu sehen sind, wieder an Bedeutung. Es genügt bei der Gestaltung auf historische Tech­niken, wie beispielsweise eine Kamm­putz­struktur zurückzugreifen (Bild 2).

Strukturen und Farbe
Nicht nur Licht und Farbe können einen Raum verändern, sondern auch unterschiedlich stark strukturierte Wandoberflächen. Optisch aufwertend und interessant sind bereits kleine partielle Veränderungen, die oft mit den bereits vor Ort verwendeten Produkten (zum Beispiel Putz) erzeugt werden können. ­Gerade die Rauigkeit eines Putzes lässt den Farbton dunkler und intensiver ­wirken. Die Vielfalt der Strukturmöglichkeiten öffnet viele Felder, egal ob mit dem Putzkorn unterschiedliche Vertiefungen erzeugt werden, oder ob ­ungleiche Putzhöhen erhabene Oberflächen schaffen. Neben gestalterischen Ansätzen sind auch die Funktions­möglichkeiten der Produkte hervorzu­heben: durch ausgewählte Materialien lässt sich das Raumklima positiv beeinflussen. Lehmputze schaffen zum Beispiel in Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeitsbelastung (Bad, Küche) ein aus­geglichenes Klima. In schimmelgefährdeten Bereichen ­sollte ein Kalkputz ­gewählt werden, da dieser durch seine Alkalität einen ­Sporenbefall hinaus­zögert.

Strukturierung der Oberfläche
Die Eigenfarben der mineralischen Werkstoffe, beispielsweise der Kalk­zementputze, lassen sich sehr gut in puristische Wohnungen eingliedern, in denen die Materialfarbigkeit im Vordergrund stehen soll. Durch eine Strukturierung der Oberfläche können zum ­Beispiel Betonwände imitiert werden.
Auch die Weißfärbung eines mit ­Marmorsand ausgestatteten Edelputzes kann selbst ohne einen Anstrich durch seinen natürlichen Weißgrad über­zeugen. Bei der Beratung und ­Kunden-ansprache können sich Handwerker mit fachlicher Kompetenz und Vorschlägen für weitere Lösungsansätze als verläss­licher und vertrauenswürdiger Partner darstellen.

Wirkung der Farben
Den Wunsch, die Gestaltung farbig vorzunehmen, kann der Handwerker mit gestrichenen/lasierten Putzflächen oder gefärbten Spachteltechniken erfüllen. Auch hier spielt die Nutzung der Räumlichkeiten eine große Rolle. Handelt es sich beispielsweise um ein Einfamilienhaus, einen Kindergarten oder ein ­Altenheim sind andere Farbzusammenstellungen notwendig, als bei der ­Gestaltung eines Kaufhauses.
Farben haben eine enorme Wirkung auf den Menschen. Obwohl dies seit Langem bekannt ist, gewinnt dieser Umstand erst seit ein paar Jahren in Gestaltungsvorschlägen wieder an Bedeutung. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich, ­dennoch kann einer bestimmten Farbe eine allgemeine Wirkung zugeordnet werden. Es sind unzählige Fachbücher auf dem Markt, die sich mit ­diesem Thema befassen, was bei ­Planungen sehr hilfreich sein kann. ­
Unter Berücksichtigung von Grund­regeln der Farbwirkung, entsteht durch die Gestaltung von Wohn- und Arbeitsräumen mehr als nur ein visueller Eindruck. Eine Übersicht der wichtigsten Farben zeigt auf, wie sich diese in ­Räumen auswirken können:
• Weiß verkörpert Weite und gibt dem Raum Neutralität.
• Gelb fördert die Hirnaktivität, gilt als kommunika­tive Farbe und fördert die Konzentration. Ideal für Arbeits­bereiche.
• Orange fördert die Kreativität und sorgt für warme Behaglichkeit, ist aber auch appetitanregend.
• Rot kann den den Blutdruck ­erhöhen, wirkt energetisch und an­regend.
• Blau schafft Ruhe und sorgt für klare Gedanken. Lässt einen Raum optisch größer erscheinen.
• Grün fördert die Konzentration, wirkt harmonisch und regt die Kreativität an. Gut geeignet in Wohn- und Arbeits­bereichen.
• Erdige Töne wirken beruhigend und gemütlich, sie bieten sich an, um in Kombination mit »bunten« Farben zu harmonisieren.
• Grau wirkt neutral/passiv und kann sehr gut eingesetzt werden, wenn die Einrichtung Blickfang sein soll.

Durch die Verwendung von unterschiedlichen Putzstrukturen in Kombination mit Farbgestaltungen, entstehen individuelle Raumkonzepte. Die Möglich­keiten des Zusammenspiels von Putz und Farbe sind fast unerschöpflich und bieten Handwerkern und Bauherren große kreative Spielräume.

Abbildungen: Baumit                                                                      Ausgabe: 9/2012