01. Januar 2016

Auch für hohe Beanspruchung

Die Anwendungsgebiete von Trockenbausystemen haben sich in den letzten Jahren stark erweitert und werden auch hohen Beanspruchungen gerecht. Prof. Dr. Pfau geht auf die Grundlagen zum Thema »Trockenbau in Feuchtbereichen« ein und gibt einen Ausblick auf die noch unveröffentlichte Neufassung des entsprechenden Merkblatts 5 des Bundesverbands der Gipsindustrie.

Im Innenbereich haben sich Trockenbaukonstruktionen mit Unterkonstruktionen aus Metall und Holz (Holzhausbau) in Kombination mit Abdichtungssystemen in Bädern und Feuchträumen seit Jahrzehnten bewährt und gelten als allgemein anerkannte Regel der Technik.
Über die typischen Einsatzbereiche wie Bäder, WCs und Küchen hinaus haben sich in den letzten Jahren die Anwendungen kontinuierlich erweitert und umfassen nun auch
• Großküchen, Reinigungen,
• Wellnessbereiche,
• Schwimmbäder sowie
• Außenanwendungen (Unterdecken, nichttragende Außenwände).
Damit sind Trockenbausysteme nicht länger nur »geringen« (Beanspruchungsklasse 0) und »mäßigen« (Beanspruchungsklasse A0) Feuchtebeanspruchungen ausgesetzt, sondern unterliegen zunehmend auch einer »hohen« (Beanspruchungsklasse A) Beanspruchung (siehe Tabelle 1).
Diese erweiterten Anwendungsbereiche werden durch die Neu- und Weiterentwicklung geeigneter, feuchteresistenter Plattenwerkstoffe und Spachtelmassen/Kleber sowie der Abdichtungs- und Korrosionsschutzsysteme möglich.
Diesen Einsatzbereichen trägt auch die Neufassung des Merkblatts 5 des Bundesverbands der Gipsindustrie e.V. »Bäder und Feuchträume im Holz- und Trockenbau« Rechnung, auf dem einige der nachfolgenden Aussagen basieren.

Feuchtebeanspruchung in Bädern und Feuchträumen
Die Feuchtebeanspruchung der Baustoffe und Bauteile erfolgt im Wesent­lichen durch:
1. direkte Wasserbeaufschlagung durch stehendes und fließendes Wasser, Schwallwasser (zum Beispiel im Duschbereich)
2. hohe relative Luftfeuchte
Wesentlicher Unterschied zwischen den Beanspruchungsklassen A0 und A ist die Intensität der Nutzung. Bei beiden Klassen existiert eine direkte Wasser­beaufschlagung (Punkt 1) von Flächen durch stehendes und fließendes Wasser. Bei der Klasse A0 allerdings in »haushaltsüblicher« Frequenz, also maximal ein paar Mal pro Tag, bei der Klasse A im öffentlichen Bereich gegebenenfalls ständig. Dies hat zur Folge, dass sich in Feuchträumen der Klasse A, im Gegensatz zu Räumen der Klasse A0, eine kontinuierlich hohe Luftfeuchtigkeit einstellt, was wiederum zu einer erhöhten Ausgleichsfeuchte der Plattenwerkstoffe und erhöhter Korrosionsbeanspruchung führt.
Die angewendeten Abdichtungssysteme unterscheiden sich zwischen den Klassen A0 und A praktisch nicht. Aber auch bei ideal perfekter Abdichtung in Feuchträumen der Klasse A – das heißt Plattenwerkstoffe/Putze/Estriche werden nie »nass« – kann nicht verhindert werden, dass die Baustoffe einer permanent hohen Luftfeuchte ausgesetzt sind. Dies ist bei der Auswahl geeigneter Baustoffe zu berücksichtigen.

Abdichtungssysteme
Abdichtungssysteme für Bereiche mit hohen Feuchtebeanspruchungen benötigen nach der Bauregelliste A, Teil 2 ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP). Die erforderliche Haftzugfestigkeit, Temperaturbeständigkeit und Mindestschichtdicke der Flächenabdichtungssysteme werden im AbP definiert.
Abdichtungssysteme in Bereichen mit geringer und mäßiger Feuchtebeanspruchung sind dagegen bauaufsichtlich nicht geregelt. In der Regel kommen in diesen Bereichen die gleichen Abdichtungssysteme in den gleichen Trockenschichtdicken zum Einsatz, die nach Bauregelliste bei hoher Feuchte­beanspruchung verwendet werden.
Für Holz- und Trockenbauweisen bieten sich in gering, mäßig und hoch feuchte­beanspruchten Bereichen Abdichtungssysteme an, die im Verbund mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten hergestellt werden (zum Beispiel Flüssigfolien, Dichtbänder und Dünnbettmörtel). Es werden folgende Gruppen von Flächenabdichtungsstoffen unterschieden:
• Polymer- und Kunstharzdispersionen
• Kunststoff-Zement-Mörtelkombination
• Reaktionsharze
Bei Spritzwasser beaufschlagten Wandflächen (Klasse A0 und A) sowie bei mäßig beanspruchten Bodenflächen (Klasse A0) werden vorrangig Flächenabdichtungsstoffe auf Basis von Polymer- und Kunstharzdispersionen verwendet. Im hoch beanspruchten Bereich (Klasse A) sind im Bodenbereich Kunststoff-Zement-Mörtelkombinationen oder Reaktionsharze zu verwenden.

Anordnung und Ausführung der Flächenabdichtung
Eine Flächenabdichtung bei geringer Beanspruchung in der Klasse 0 ist nicht erforderlich.
Mäßig bis hoch mit Spritzwasser beanspruchte Bereiche der Klassen A0 und A benötigen eine Flächenabdichtung im Wandbereich
• ≥ 200 cm über Oberkante Fußboden bei Duschen, Wannen mit Dusche,
• 20 cm über der letzten Wasserentnahmestelle,
• mit seitlichem Überstand ≥ 30 cm und im Bodenbereich, mit dichtem Anschluss an die umlaufenden Wände, im Sockelbereich über Oberkante Fuß­boden im gesamten Bereich hochgezogen (Grafik 1 und 2).
Es wird empfohlen, die Bodenabdichtung bis über den Anschluss der Duschtasse hochzuziehen sowie bei Badewannen generell ≥ 220 cm hoch abzudichten, da eine Duschnutzung nie ausgeschlossen werden kann.
Besonderes Augenmerk ist auf die Ausbildung von Fugen und Durchdringungen zu legen:
• Eckfugen, Fugen Wand/Wand und Wand/Boden
• Anschlussfugen zum Beispiel an ­Bade- und Duschwannen
• Dehnungsfugen bei großen Flächen
• Durchdringung von Rohren, Armaturen und Halterungen
Fugen sind mit der Einlage von Dichtbändern in die Flächenabdichtung auszuführen. Diese Systeme bestehen im Allgemeinen aus einem Trägergewebe, das vollflächig in die Flächenabdichtung eingebunden wird oder das über eine wasserundurchlässige Beschichtung verfügt und nur in den Randbereichen im Verbund mit der Flächenabdichtung steht.
Im nicht Spritzwasser beanspruchten Bereich ist es ausreichend, eine Durchdringung (zum Beispiel durch Armaturen) elastisch zu verschließen. Im Spritzwasser beanspruchten Bereich ist die Abdichtung der Durchdringung in die Flächenabdichtung einzubeziehen. Hierzu sind entsprechende dichte Verschraubungen, Dichtmanschetten oder auch spezielle Armaturen zu verwenden. Eine nur elastische Abdichtung der Durchdringung stellt im Spritzwasser beanspruchten Bereich keine ausreichende Abdichtung dar. Die Verarbeitung der Flächenabdichtung in Kombination mit Dichtbändern und/oder Dichtmanschetten erfolgt im System nach den Angaben der Hersteller.

Baustoffe für Bäder und Feuchträume
Gipsbaustoffe (Gipskartonplatten, Gipsfaserplatten, Gipsvliesplatten) ­haben den Vorteil geringer Formänderungen infolge hygrischer Beanspruchung, wobei diese günstige Eigenschaft bei Gipsfaserplatten durch den Zelluloseanteil geringer ausgeprägt ist.
Mit steigender Plattenfeuchte geht die mechanische Festigkeit von Gipsbaustoffen deutlich zurück, die Platten weisen ausgeprägte Kriecheigenschaften auf. Deswegen sind die meisten Gipsbaustoffe für Räume mit hoher Feuchtebeanspruchung (Klasse A) nicht geeignet. Bei andauernder Durchfeuchtung kommt es zur Zerstörung des Plattengefüges.
Es ist zu beachten, dass imprägnierte Gipsplatten eine reduzierte Wasseraufnahme haben, aber nicht wasserbeständig sind.
Eine Sonderposition nehmen Gipsplatten mit Vliesarmierung gemäß EN 15283-1 ein. Diese Platten mit Glasvliesummantelung oder oberflächlich eingebettetem Glasvlies anstelle des Kartons weisen in Kombination mit einer starken Hydrophobierung und entsprechenden Zusatzmitteln im Gipskern deutlich geringere Festigkeitsverluste bei hoher Luftfeuchtigkeit auf als herkömmliche, imprägnierte Gipsplatten nach DIN EN 520. Die Platten sind nach wie vor nicht wasserbeständig, erschließen aber Einsatzgebiete, die über die normaler (imprägnierter) Gipsplatten hinausgehen. Vorteilhaft bei diesem Werkstoff ist die einfache Verarbeitung analog zu herkömmlichen Gipsplatten (Zuschnitt, Falt- und Biegetechniken).
Zementgebundene Bauplatten werden aus Bewehrungsfasern, Zement und Wasser hergestellt. Bauplatten ohne organische Zuschläge sind wasserbeständig. Allerdings liegt die Verformung bei hygrischer Beanspruchung durch das Bindemittel Zement höher als bei Gipsplatten und ist anwendungsseitig zu berücksichtigen.
Zementbeschichtete Hartschaumplatten bestehen aus einem Hartschaumkern, der mit Glasfasergewebe armiert und mit kunststoffvergütetem Zementmörtel beschichtet ist. Die zement­beschichteten Hartschaumplatten sind wasserbeständig und formstabil bei ­hygrischen Beanspruchungen. In der Regel werden sie als Fliesenuntergrund (zum Beispiel Wannenbekleidung, Formteile) und nicht raumbildend im Trockenbau verwendet.
Die Zuordnung der Baustoffe zu den Beanspruchungsklassen erfolgt in einer Tabelle des aktualisierten Merkblatts 5. Ergänzend zum alten Merkblatt 5 wurden Gips­vliesplatten nach DIN EN 15283-1 als Baustoff aufgenommen sowie der Beanspruchungsbereich Decke (siehe Tabelle 2).

Fazit
Die Möglichkeiten des Einsatzes von Trockenbausystemen, sowohl im Neubau wie im Bestand, haben sich gegen­über der Vergangenheit deutlich erweitert. Die verfügbaren Plattenwerkstoffe inklusive Zubehör bieten Einsatzmöglichkeiten vom häuslichen Feuchtraum bis hin zum Schwimmbad. In Kombination mit einer geeignet korrosionsgeschützten Unterkonstruktion sowie einer Flächenabdichtung können dauerhaft funktionsfähige Lösungen nach den anerkannten Regeln der Technik realisiert werden.
Grundlage der Anwendung - und damit der Wahl des Plattenwerkstoffs sowie des Korrosionsschutzes - ist die richtige Bewertung der vorliegenden Feuchte­beanspruchung (Beanspruchungsklasse) hinsichtlich Intensität der Wasserbeaufschlagung und Luftfeuchtigkeit. Dies muss generell durch den Planer erfolgen.
Bei fachgerechter Planung und Ausführung kombinieren Trockenbau­systeme in Feuchtbereichen eine dauerhafte Funktion mit den bekannten gestalterischen, bauakustischen und wirtschaft­lichen Vorteilen des Trockenbaus.


Literatur
[1] Merkblatt 5 des Bundesverbands der Gips­industrie e.V. »Bäder und Feuchträume im Holz- und Trockenbau«, Ausgabe 2011
[2] Merkblatt 5 des Bundesverbands der Gips­industrie e.V. »Bäder und Feuchträume im Holz- und Trockenbau«, Neufassung (Entwurf) 2013
[3] Becker, Pfau, Tichelmann, Trockenbauatlas Teil 2, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2005

Abbildungen: Peter Frese/Siniat; Siniat                                                                                  Ausgabe: 9/2103