01. Januar 2016

Schräg ist anders

Schräge Wände und geschwungene Decken - die Architektur sucht immer nach ungewöhnlichen und überraschenden Lösungen. Aber Vorsicht: In diesen Fällen sind die Detailkonstruktion, die Statik und die erforderlichen Nachweise meist neu zu erarbeiten.

Architekten und Planer nutzen die Gestaltungsmöglichkeiten des Trockenbaus gerne und spielen mit Formen und Ausrichtungen von Bauelementen. Dabei wird die Grenze zwischen Trockenbau und Stahlleichtbau leicht überschritten. Dies hat weitreichende Folgen für die Ausbildung der Unterkonstruktion und macht zusätzliche Nachweise erforderlich. Aber auch ungewöhnliche Konstruktionen können sicher und gekonnt in Szene gesetzt werden.
Der Trockenbau ist eine anwender-freundliche Bauweise. Die Standsicherheit und Belastbarkeit der Konstruktionen ist durch Normen oder durch offi­zielle Prüfzeugnisse der Hersteller nachgewiesen. Der Fachunternehmer ist also immer »auf der sicheren Seite«, solange er normgerecht oder bei Sonderkonstruktionen nach den Nachweisen der Hersteller baut. Eine Tatsache ist jedoch nicht allen Beteiligten bewusst: Alle diese Angaben gelten nur für Wände, die senkrecht verlaufen, und für Decken, die horizontal ausgerichtet sind. Denn auf dieser Grundvoraussetzung beruhen alle Nachweise und Prüfungen.
Sobald eine Wand nicht mehr vertikal verläuft, wirken Kräfte auf sie ein, die in der Normung und den Prüfungen nicht vorgesehen sind. Alle Aussagen über die zulässigen Wandhöhen und Konsol­lasten und generell den Aufbau der Unterkonstruktion sind damit hinfällig.
Im Deckenbereich ist die Problematik ähnlich. Sobald eine Decke eine Neigung, Rundung oder Deckensprung aufweist, verändert sich auch hier die Statik.
Besonders die Belastung der Unterkonstruktion und der Abhänger kann je nach Neigungswinkel deutlich ansteigen. Die Vorgaben der Normung oder der Hersteller für horizontale Decken-konstruktionen gelten dann nicht mehr. Aus diesem Grunde geben fast alle Hersteller nachgewiesene Musterlösungen für Deckensprünge vor. Doch auch Deckengestaltungen mit Neigungen und Schwüngen ändern die Statik einer Deckenkonstruktion. Schräge oder gewölbte Decken brauchen daher eine besondere Unterkonstruktion mit nachgewiesener Statik. Hier endet der klassische Trockenbau und beginnt der Bereich des Stahlleichtbaus. Auch diese Konstruktionen können oft mit bekannten Mitteln des Trockenbaus ausgeführt werden. Die Detailkonstruktion, die Statik und die erforderlichen Nachweise sind aber jeweils neu zu erarbeiten. Hier ist der Ausführende auf die Unterstützung der Profilhersteller angewiesen. So beraten die technischen Experten von Protektor sachkundig, schlagen die konstruktive Ausbildung des Systems vor und erarbeiten die Grundlagen für alle erforderlichen Nachweise. Mit dieser technischen Rückendeckung gelingt ausführenden Unternehmen der Schritt vom klassischen Trockenbau in den Stahlleichtbau sicher. Doch sollte sich der Fachhandwerker über einige grundlegende Fakten im Klaren sein.

Geneigte Wandkonstruktionen
Im Gegensatz zu Standardwänden, bei denen das Eigengewicht immer in Richtung der Wandachse wirkt, wird eine schräg gestellte Wand auch quer zur Wandachse belastet.
Das Eigengewicht der Konstruktion teilt sich hier also in eine vertikale und eine horizontale Komponente auf. Dies führt zu einer Biegebeanspruchung von schrägen Konstruktionen, wie sie so bei vertikalen Trockenbauwänden nicht auftritt. Zusätzlich muss der Statiker Anpralllasten berücksichtigen, die entstehen, wenn sich Personen gegen die Wand lehnen oder Gegenstände dagegen stoßen. Auch dies verursacht in der Wand ein Biegemoment. All diese Beanspruchungen müssen sicher durch die Unterkonstruktion aufgenommen und in die anschließenden massiven Bauteile abgeleitet werden. Die Anschlüsse müssen zusätzlich als statische Auflager wirken und dazu besonders ausgebildet werden.
Ein besonders gelungenes Beispiel für kreative Wandkonstruktionen findet sich im Ausbau des Audi-Terminals der Heinz Stern AG in Bäretswil, Schweiz. Hier, wo technisch hochentwickelte Fahrzeuge präsentiert werden, sollte auch das Ambiente repräsentativ und modern gestaltet werden. Mit ungewöhnlichen Gestaltungselementen wollte der Architekt eine passende Bühne für die Fahrzeuge schaffen. Ein geschwungener und geneigter Bau­körper, passend zum dynamischen Charakter der Fahrzeuge, sollte das Zentrum des Showrooms bilden. Die geneigten Wände wurden zwar im Erdgeschoss noch in Stahlbetonbauweise ausgeführt. Im Obergeschoss sind sie aber vollständig in Trockenbauweise mit integrierten Glasfenstern ausgeführt. Den Kern der Unterkonstruktion bildete ein Doppelständerwerk aus schräg gestellten UA-100 Profilen im Abstand von 100 cm. Ergänzt wurde es durch aufgeschraubte, horizontal verlegte Hutdeckenprofile, die der Befestigung der Beplankung dienten. Den Abschluss bildete die Beplankung aus 2 x 12,5 GKF. Besonderen Wert legte Protektor auf die Ausbildung der unteren und oberen Anschlüsse, die als Auflager fungieren und die alle Kräfte sicher in den Rohbau leiten. Außerdem wurde die Tragfähigkeit der gesamten Konstruktion durch eine statische Berechnung von Protektor nachgewiesen.

Geneigte Decken - erhöhte Lasten
Bei Deckensystemen gibt es eine andere Problematik. Bei waagerechten Deckensystemen ist das Eigengewicht der
Beplankung gleichmäßig auf die Unterkonstruktion und die Abhänger verteilt. So sind diese bei vorschriftsmäßiger Montage vor Überlastung geschützt. Bei geschwungenen Decken kann sich die Belastung bestimmter Profile und Abhänger-Reihen aber enorm erhöhen (Bild 4). Auch hier sind der Nachweis der statischen Belastung und eine entsprechende Änderung der Konstruktion erforderlich. Die Verringerung des Abstandes der Abhänger und der Profile sowie der Einsatz von Weitspannträgern sind häufige Maßnahmen zur Abtragung der erhöhten Lasten. Auch hier ist die Gesamtkonstruktion entsprechend zu gestalten und nachzuweisen.
Ungewöhnliche Wand- oder Deckenkonstruktionen werden oft in Stahlleichtbauweise ausgeführt. Wann immer Planer und Unternehmer den
Bereich des klassischen Trockenbaus verlassen, müssen sie sich den erhöhten Ansprüchen in Bezug auf Statik und Ausbildung der Konstruktion stellen. In all diesen Fällen leistet ein Profilhersteller wie Protektor technische Unterstützung, so dass auch ungewöhnliche Konstruktionen sicher umgesetzt werden können.

Dipl.-Ing. Doris Pfeffermann
Baufachjournalistin

Abbildungen: Protektor                                                                                    Ausgabe: 10/2013