Die Vielfalt der Systeme
- Erstellt: 04. August 2016

Außenseitig angebrachte Dämmstoffe vermindern zuverlässig die Wärmeabgabe und
sind zur Überarbeitung von renovierungsbedürftigen Oberflächen geeignet. Dabei
können verschiedene Systeme angewendet werden. Wir stellen hier die Gängigsten vor.
Das neue Bewusstsein zur Energieeinsparung und die erhöhten wärmeschutztechnischen Anforderungen erzeugen einen neuen Synergieeffekt für die Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS). Außenseitig angebrachte Dämmstoffe vermindern zuverlässig die Wärmeabgabe und eignen sich hervorragend zur Überarbeitung von renovierungsbedürftigen Oberflächen. Durch die Heizkosteneinsparungen amortisieren sich die Investitionskosten im Laufe der Zeit, zudem erfährt das Gebäude mit dieser Maßnahme eine Wertsteigerung. Zur Anwendung kommen verschiedene Dämmstoffsysteme. Grob gesehen sind im Grundaufbau keine wesentlichen Unterscheidungen vorhanden. Es erfolgt eine Verklebung der Dämmplatte auf den Untergrund, je nach Erfordernis durch den Einsatz von Dübeln mechanisch unterstützt, gefolgt von einer Armierungs- und Deckputzlage. Wichtig für die Ausführung ist, dass die vom Hersteller beantragte allgemeine bauaufsichtliche Zulassung eingehalten wird. Dort sind die Ausführungsschritte sowie die zu verwendenden Materialen angegeben.
Abweichungen vermeiden
WDVS waren früher nicht geregelte Bauteile und stellen nun mit der Zulassung eine Bauart dar. Eine Nichteinhaltung oder Abweichung der Systemvorgaben führt rechtlich gesehen zu einem Mangel, unabhängig davon ob eine technische Gleichheit oder sogar eine Verbesserung mit einer Abweichung erwirkt wurde. Nachfolgend werden die gängigsten Dämmstoffe erläutert. Polystyrol-Hartschaumplatten (EPS) sind der geläufigste Dämmstoff. Polystyrol-Hartschaum wurde Anfang der 1960er-Jahre von der Firma BASF unter dem patentierten Namen »Styropor« entwickelt. Bei der Herstellung wird ein Polystyrolgranulat in das Treibmittel Pentan einpolymerisiert. Durch Behandlung mit temperiertem Wasserdampf schäumt das Treibmittel das Granulat bis zur gewünschten Rohdichte auf, was eine Volumenvergrößerung um das 20- bis 50-fache erwirkt. Das Endprodukt wird über eine zweite Heißwasserdampfbehandlung durch weiteres Aufblähen und Zusammensintern der Partikel geschaffen. Nach der Herstellung tritt ein Schwindprozess auf, der bis zu 1,5 Prozent an Volumenverringerung betragen kann. Platten für Fassadendämmungen müssen deshalb vor ihrer Verwendung ausreichend abgelagert sein, um das Schwindmaß in der Länge auf maximal 0,15 Prozent begrenzt halten zu können.
EPS besticht durch seinen Preis
Durch Walzen können die Dämmplatten elastifiziert werden, was die Schall-dämmeigenschaften verbessert, die Querzugfestigkeit aber um zwei Drittel vermindert. EPS-Platten sind derzeit in den Wärmeleitgruppen WLG 040, 035 und 032 am Markt erhältlich und sind aktuell der am häufigsten eingesetzte Dämmstoff. Vorteile sind der günstigere Preis und die einfache Verarbeitung, ein Nachteil ist das Brandverhalten (schwerentflammbar) und die höhere Dampfdiffusionsdichtigkeit. Gegen letzteren Punkt ist die Baumit »Open Therm 032/035« entwickelt worden. Dieser Dämmstoff ist werksmäßig mit einer durchdringenden Perforation versehen. Dadurch wird im Vergleich zu EPS WDV-Platten-Standard eine verbesserte Wasserdampfdiffusion erreicht. Mit einem verbesserten µ-Wert gleicht sie in ihrer Wasserdampfdiffusionsoffenheit einem porosierten Ziegel.
Mineralfaserplatten
Mineralfaserplatten und Mineralfaser-Lamellenplatten werden mit künstlichen Mineralfasern hergestellt. Die Fasern bestehen aus einer silikatischen Schmelze, zum Beispiel Glas oder Gesteinsbasalt, die mit Kunstharzen gebunden werden. Die Zugabe von Bindemittel zum Faserstrang erfolgt unter einer Temperatur von zirka 60 bis 70Grad Celsius. Das Vlies wird durch Stauchung auf die gewünschte Höhe gebracht. Unterschiedliche Typen an Dämmplatten entstehen durch die Anordnung der Fasern, welche längs der Platte liegen. Durch eine gezielte Faserorientierung und eine höhere Verdichtung sind druckfestere Platten herstellbar (HD-Platten). Lamellenplatten zeigen die Fasern quer zur Platte, also in Richtung der Plattendicke. Dadurch liegen stabilere und druckfestere Platten vor. Mineralwolleplatten sind üblicherweise an der Oberfläche beschichtet, um eine Anhaftung von nachfolgenden Putz- oder Kleberschichten zu ermöglichen. Bei Platten ohne Beschichtung ist der Kleber oder Putz vorab dünnschichtig in die Oberfläche einzumassieren.
Ein Vorteil der Mineralwolledämmplatten ist ihre sehr gute Diffusionsoffenheit, die nahezu einer ruhenden Luftschicht gleicht, sowie die Nichtbrennbarkeit des Baustoffes. Dadurch sind diese Platten auch für den Hoch-hausbereich einsetzbar. Ein Nachteil ist, dass die Dämmplatten unter Einwirken von Feuchtigkeit erheblich an Eigenfestigkeit verlieren. MW-Platten sind in der Wärmeleitfähigkeit 0,035 – 0,041 W/mK produzierbar.
Verbesserte Dämmeigenschaften
Mit den Resolhartschaum-Dämmplatten sind die Dämmeigenschaften einer Platte verbessert worden. Die Herstellung erfolgt mit Phenolharz, dem ein Treibmittel und ein zusätzlicher Härter hinzugesetzt wird. Es entsteht ein geschlossenporiger Schaum mit hohen Druckfestigkeiten. Für eine Anhaftung der Kleber- und Putzlagen wird an der Oberfläche beidseitig ein Glasvlies kaschiert. Eine Nacharbeit der Platte durch Schleifen ist dadurch nicht möglich, was vorab für die Verklebung eine gute Ebenheit am Untergrund voraussetzt. Phenolharzplatten sind schwer entflammbar, tropfen aber im Brandfall nicht ab, was den Einsatz von zusätzlichen Brandriegeln nicht nötig macht. Ein Vorteil ist ihre Wärmeleitgruppe von WLG 022, nachteilig ist die Feuchte-empfindlichkeit der Platte. Bei der Lagerung und während der Verarbeitung muss der Dämmstoff vor hohem Feuchteeintrag geschützt werden.
Holzfaserplatten
Holzfaserdämmplatten werden aus zirka 80 bis 90 Prozent Holzfasern hergestellt. Durch die Zugabe von Wasser ergibt sich ein Brei, der nach Verpressung bei zirka 160 bis 220 Grad Celsius getrocknet wird. Durch die Temperatur binden sich die Fasern mit dem Lignin des Holzes zusammen. Auf zusätzliche Bindemittel kann dadurch weitgehend verzichtet werden.
Nachteilig ist der gegenüber den konventionellen Dämmstoffen höhere Preis. Holzfaserdämmplatten sind in den Wärmeleitgruppen WLG 045 und 040 erhältlich. Auch diese Platten müssen bei Lagerung und während der Verarbeitung vor Feuchteeintrag geschützt werden.
Resümee
Wie anfangs erwähnt, ist ein Aufbau der Klebe- und Putzschichten bei den unterschiedlichen Dämmstoffen nahezu identisch. Die verwendbaren Produkte, sowie die nötigen Auftragsmengen sind den jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen zu entnehmen. Eine Unterscheidung besteht noch bei der Auswahl der Bindemittelgruppe der Putzlagen, mineralisch gebundene (anorganische) Systeme sind dabei am häufigsten in der Anwendung. Auf MW-Platten sowie auf Holzfaserdämmplatten werden nur anorganische Produkte verwendet, auch wegen ihres guten Diffusionsverhaltens. Auf EPS-Platten kommen auch Kunstharzputze zum Einsatz. Organische Systeme zeigen den Vorteil einer deutlich höheren Elastizität.
Bei Zugversuchen zeigen kunstharzgebundene Putze ab einer Dehnung von zehn Prozent erste Risse, was bei mineralischen Systemen schon ab einer Dehnung von 0,5 Prozent feststellbar ist. Die Schlagfestigkeit ist damit verbessert, förderlich auch gegenüber Hagelschlag etc. Durch den höheren Diffusionswiderstand der organischen Systeme ist jedoch seine objektbezogene Eignung durch bauphysikalische Berechnungen abzusichern.
Sabine Bady,
Baumit Anwendungstechnik
Abbildungen: Baumit Ausgabe: 7-8/2012