01. Januar 2016

Abschotten!

Nur bei konsequenter Anwendung staubarmer Arbeitsverfahren und durch gezielte lufttechnische Maßnahmen lässt sich die Ausbreitung von Sporen und Allergenen sicher eindämmen.

Schimmelpilzsporen kommen praktisch überall in unserer Umgebungsluft vor. Sie wachsen bei Feuchteschäden bekanntlich als feiner Rasen auf der Befallstelle. Durch ihr geringes Gewicht verteilen sich keimfähige Sporen sehr gut in der Luft, um geeignete Bereiche neu zu besiedeln. Aufgewirbelte Sporen sind mit dem Auge kaum sichtbar und können extrem lange in der Luft schweben. Was während Abbruch und Feinreinigung aufgewirbelt wird, setzt sich zum Teil erst Stunden später auf bereits gereinigten Oberflächen ab.
Im Rahmen der Sanierung ist aktiv befallenes Material deshalb so zu entfernen und zu verladen, dass dabei möglichst wenig Sporen aufgewirbelt und an die Raumluft abgegeben werden. Vor
Beginn der Wiederherstellungsarbeiten erfolgt in der Regel eine penible Feinreinigung aller Oberflächen und die Freimessung. Liegt die Sporenkonzentration nach einer Sanierung immer noch relevant über der normalen Hintergrundbelastung, gilt das Sanierungsziel als verfehlt. Die Baustelle muss zeitaufwendig nachgereinigt werden.
Bestimmte Schimmelpilz­arten setzen beim Stoffwechsel Mykotoxine (Pilz­gifte) frei. Von Sporen dieser Pilzarten ist bekannt, dass sie ebenfalls Mykotoxine enthalten. Das Einatmen großer Sporenmengen kann im schlimmsten Fall zu schweren Erkrankungen führen. Das häufig angewendete Vernebeln von desinfizierenden Wirkstoffen tötet Sporen in der Raumluft zuverlässig ab und verhindert dass diese wiederum keimen können. Von den Mykotoxinen in den abgetöteten Sporen geht dennoch weiterhin eine Gesundheitsgefahr aus, da das Vernebeln diese nicht zerstört. Daher sollte der Luftaustausch beziehungsweise die Luftfilterung nie aus den Augen gelassen werden.
Während der Einsatz von Desinfektionsmitteln noch immer heftig diskutiert wird, fordern Richtlinien wie der Schimmelpilzsanierungs­leitfaden vom Umweltbundesamt oder die Berufs­genossenschaftlichen Informationen BGI 858 »Gesundheitsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung« schon längst Abschottungen und lufttechnische Maßnahmen. Wann und in welchem Umfang diese Maßnahmen zu erfolgen haben richtet sich nach der jeweiligen Gefährdungsklasse.

Vier Gefährdungsklassen
Vom Unternehmer wird erwartet, dass er den Schaden einer der vier Gefährdungsklassen zuordnet und entsprechende Schutzmaßnahmen veranlasst (siehe auch Seite 9). Maßnahmen zur Luftreinhaltung werden ab Gefährdungsklasse 1 verlangt. Gefordert wird eine Trennung belasteter Bereiche von den nicht belasteten Bereichen. Hierbei kann es sich um das Verschließen und Abkleben von Zimmertüren, den Aufbau eines Folienzeltes oder das Aufstellen einer Staubschutzwand im Raum handeln.
Ab der Gefährdungsklasse 2 wird die Abschottung des Arbeitsbereiches, zum Beispiel durch Abdichtung der Räume verlangt. Beim Arbeiten im abgeschotteten Bereich verhindert der Auftragnehmer, dass nicht betroffene Bereiche durch umherwirbelnde Sporen verkeimt werden. Leicht und sehr schnell lassen sich zum Beispiel patentierte Systeme wie die Zippwall aufstellen. Bis die Freimessung erfolgt ist, bleibt die Abschottung stehen, damit keine Luftkeime aus der Umgebungsluft das Ergebnis verschlechtern. Weiterhin wird spätestens ab Gefährdungsklasse 2 eine ausreichende Be- und Entlüftung verlangt. Als ausreichend kann im Falle von Schimmelpilz ein fünf- bis achtfacher Luftwechsel pro Stunde angesehen werden. Das bedeutet, dass das Luftvolumen der eingesetzten Ventilatoren fünf- bis achtmal so groß sein muss, wie das Volumen des zu sanierenden Raumes.
Sinnvollerweise werden die Ventilatoren zur Absaugung genutzt. Durch gezieltes Fensterkippen kann ein gerichteter Luftstrom im Raum erzeugt werden. Nur auf diese Weise entsteht ein konstanter Unterdruck im Raum. Sporen können nicht in angrenzende Räume gelangen. Blasende Ventilatoren würden einen Überdruck im Raum erzeugen und Schadstoffe unkontrollierbar in angrenzende Bereiche drücken. In bebauter Umgebung muss die Abluft immer gefiltert werden, um Konflikte mit Anwohnern zu Vermeiden. Bei Schimmelsanierungen sind Filter der Klasse HEPA H13/H14 heute Stand der Technik.

Filterventilatoren sind »Luftaustauschgeräte«
Die Funktionen von Ventilator und Filter kombinieren sogenannte Filterventilatoren. Der Schimmelpilzleit­faden verwendet hierfür noch immer den aus der Asbest­sanierung stammenden Begriff des »Luftaustauschgerätes«. In einem Kunststoffgehäuse werden zwei Filterstufen vor einem Ventilator angeordnet. Aufgrund dieser Anordnung muss die angesaugte Luft die Filter durchströmen. Auf diese Weise beträgt der Abscheide­grad des Filtergerätes 99,995 Prozent. Idealerweise sollten sowohl auf der Ansaug- als auch auf der Auslassseite Stutzen für Lufttransportschläuche vorhanden sein. Nur so hat der Anwender die Flexibilität, das Gerät innerhalb oder außerhalb des Sanierungsbereiches aufzustellen. Ein Filterventilator kann neben der Unterdruckhaltung, sowie dem Be- und Entlüften auch als HEPA-
Raumluftfilter in den Arbeits­bereichen oder zum Umgebungsschutz in angrenzenden Räumen dienen.
Setzen sich die Filter zu, wird dies optisch und/oder akus­tisch angezeigt. Ersatzfilter müssen dann verfügbar sein.

Filter luftdicht entsorgen
In der Schimmelpilzsanierung sollten die Vor- und Hauptfilter (Klasse H13/H14) nach dem Einsatz luftdicht entsorgt werden. Bei der Sanierung mit Staub hängt die Standzeit des Filtermaterials entscheidend von der Staubmenge ab. Die Hauptfilter können, sofern die Geräte trocken lagern, vorsichtig abgesaugt und damit mehrfach verwendet werden. Anteilige Kosten für die Filter können dem Kunden an­schließend in Rechnung gestellt werden. Bei normalem Einsatz sollten die Hauptfilter turnusmäßig spätestens nach drei Monaten ausgetauscht werden. Verschmutzte Geräte sind vor dem Transport zu reinigen oder luftdicht zu verpacken. Waren die Geräte außerhalb des Sanierungsbereiches aufgestellt, ist nur der Ansaugstutzen sorgfältig zu verschließen, damit beim Transport nichts entweichen kann. Die äußere Reinigung erfolgt mit einem leicht feuchten Lappen und Neutralreiniger, von innen wird das Gerät mit einem Sauger der Klasse H ausgesaugt. Mit Druckluft sollten die Geräte aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht gereinigt werden.
Filterventilatoren dienen dem Arbeits- und Umgebungsschutz, ebenso wie dem Erreichen des Sanierungsziels. Nach den Richt­linien der Berufsgenossenschaften gehört deren Einsatz zwangsläufig zur Sanierung größerer Schäden dazu. Als Teil des Sanierungskonzeptes sollten diese Geräte von Anfang eingeplant, angeboten und mit dem Auftraggeber abgerechnet werden. Für den Unternehmer ergibt sich ein wirtschaftlicher Zusatznutzen, wenn er dem Kunden die Notwendigkeit des Einsatzes erläutert. Verständige Kunden sind dann gerne bereit die vergleichsweise moderaten Mehrkosten zu zahlen.

Arndt Lubrich
Schulungsleiter, Heylo GmbH

Abbildungen: Heylo                                                                                                                       Ausgabe: Sonderheft/2013