Einfache Mittel, große Wirkung
- Erstellt: 16. August 2016

Ein Unternehmer aus Neuwied entwirft und baut ungewöhnliche Innenräume für anspruchsvolle Kunden. Dass der stimmige Entwurf, der mit einfachen Mitteln umgesetzt wird, die Menschen begeistert, ist die eigentliche Erfolgsgeschichte.
Kann man für 90000 Euro aus einer angeschmuddelten Gewerbefläche ein hochwertiges Loft machen? Ein Loft, das sich in der Provinz für 1450 Euro kalt vermieten lässt? Man kann. Jensen Raumkonzept und Design aus Neuwied macht das vor. Vierfach, und bis 2015 sogar sechsfach. Denn so vielen Themenlofts will Chef Lars Jensen, Rundum-Gestalter mit eigenem Handwerksbetrieb, insgesamt in seiner eigenen Gewerbeimmobilie Platz geben. Der 38-Jährige hat sich dieses Firmengebäude mit angeschlossenen Gewerbeeinheiten vor 14 Jahren gebaut und sie durchweg lückenlos vermietet. Doch: »Nach jedem Gewerbekunden, der die Räume verlassen hat, war der Renovierungs- und Anpassungsaufwand immens«, erinnert sich Lars Jensen. So kam er auf den Gedanken, die Gewerbeflächen in Wohnraum umzunutzen, bei dem sich der Unterhaltsaufwand reduziert. Doch nicht in irgendwelche Wohnflächen: Hochwertige Lofts für Menschen, die das Besondere schätzen, sollten es sein – für anspruchsvolle und entsprechend solvente Mieter. Nun ist Neuwied nicht New York: Sein Umfeld gab dem Vorhaben Lars Jensens keine großen Erfolgsaussichten. Doch seit 2009 baut Jensen jedes Jahr ein charaktervolles, komplett eingerichtetes Loft, das er problemlos vermieten kann. Das liegt mit Sicherheit an der Konsequenz, mit der der Gestalter sein Projekt betreibt – und an dem ganz besonderen Ambiente, das er mit unkonventionellen Entwürfen schafft. Exemplarisch zeigt dies das Whiteloft – mit 122 Quadratmetern das kleinste im Portfolio, doch typisch für seine Arbeitsweise.
Von der Lagerhalle zum Loft
Bis 2010 wurde das spätere Whiteloft von einer Firma für Drucker- und Computerwartung genutzt und war nach dem Auszug in einem abgenutzten Zustand. »In so einer Halle eine Wohnatmosphäre zu erzeugen, mit angenehmen Gerüchen, mit eindrucksvoller Optik, in der man gern barfuß läuft – das war schon eine besondere Herausforderung«, erinnert sich Jensen. Sein Konzept sah ein ästhetisches, puristisches Raumkonzept vor, das mit rohen, griffigen Industriezitaten ein einzigartiges Gesicht gewinnen sollte. Das Rolltor und die Stahltür als Haupteingang blieben bestehen. Doch schon beim ersten Schritt in das Loft ist der Aha-Effekt da. Das Erdgeschoss öffnet sich über die gesamte Raumhöhe von sechs Metern nach oben. In diesem Atrium gibt es nur drei Elemente, die einen größeren Auftritt haben. Eine weiße, hochwertige Küchenzeile fügt sich hier eher dezent ein. Der warme Holztisch markiert zusammen mit dem in der Wand eingelassenen Kamin und seinem rostfarbenen Panel das Zentrum des Lofts – alles vor einer reinweißen Kulisse, von der Decke über die Wände bis zur Bodenbeschichtung.
Eine ebenfalls weiße Stahltreppe führt ins Obergeschoss und in die privaten Räume. Weiße Holzdielen signalisieren, dass man sich jetzt in einem anderen Bereich befindet. Auf der Galerie ist ein Wohnzimmerbereich angedeutet – nur getrennt durch einige Stufen vom Schlaf- und Badbereich. Auch auf dieser Ebene ist alles offen gehalten.
Einzig halbhohe Abtrennungen in Trockenbauweise und ein mannshohes, freistehendes Duschobjekt in Schneckenform strukturieren den Raum.
Minimalistisches Flair
Auf Sichtbeziehungen und die Lichtverhältnisse hat Lars Jensen besonderen Wert gelegt. »Die Badewanne haben wir mehrfach ein- und ausgebaut, um sicherzustellen, dass einem die Sonne beim Untergang dort genau ins Gesicht scheint«, gibt er ein Beispiel. Auch das Tagesbett im Obergeschoss ist so ausgerichtet, dass es den ganzen Nachmittag in Sonne getaucht ist – ein idealer Ersatz für den fehlenden Balkon oder Garten. Das minimalistische Flair des Lofts strahlt Persönlichkeit, Wärme und Wertigkeit aus. Dass es in 13 Monaten Bauzeit für eine überschaubare Summe realisiert werden konnte, lag am Ideenreichtum des Designers.
Gute Idee, günstiges Material
»Ein geniales Wohlfühlobjekt kann man mit einfachen Mitteln bauen – und mit absolut preiswerten Materialien, solange sie akkurat verarbeitet sind«, ist Lars Jensen überzeugt. Im Whiteloft untermauert er diese Philosophie eindrucksvoll. Das über die gesamte Raumhöhe reichende Kaminpanel sieht aus wie teurer Cortenstahl, ist aber nur normaler Baustahl, »den wir mit einem Gartenschlauch gewässert haben.« Der Clou liegt auch beim Kamin in einem ausgefallenen Detail: Die Brennkammer des Kamins wurde so hoch gesetzt, dass die Wärme den am Tisch sitzenden direkt ins Gesicht strahlt. Ebenso zum reinen Fabrik-Look tragen wie der rostige Kamin die strahlend weiß lackierten, sichtbar verschraubten Holzdielen im Obergeschoss bei. Das Material? Der günstigste Holzbodenbelag überhaupt – Rauspund-Dielen. »Man muss schon experimentieren und eigene Wege gehen«, sagt Jensen.
Funktionalität als Prämisse
Auch bei der Farbgestaltung erhob er im Whiteloft die Reduktion aufs Wesentliche zum Prinzip: »Wir haben versucht, uns an Verkehrsweiß und Signalweiß, die weißesten Töne überhaupt, zu halten.« Hier fand Jensen mit Lackierungen, Bodenbeschichtungen und Dispersionen aus dem Hause Brillux die Qualitäten, die seinen Ansprüchen an die Belastbarkeit genügten. Funktionalität war dem Interior-Designer – der nebenbei gelernter Heizungs- und Lüftungsbauer ist – auch in anderen Bereichen wichtig. Dreifachverglaste Schallschutzfenster sind in den Lofts Standard. Alle Wände wurden in der Vorsatzschale für die technischen Installationen nach EnEV gedämmt. Auch das Rolltor im Erdgeschoss ist hervorragend isoliert. Davon legen die rund 70 Euro, die die Mieter monatlich für die Heizgasrechnung aufbringen müssen, Zeugnis ab.
Ein Konzept, das aufgeht
Allen Unkenrufen zum Trotz hat Jensen mit seinem Projekt einen wirtschaftlichen Volltreffer gelandet. »Mehr als eine Woche Leerstand hatten wir noch nie bei den Lofts«, freut sich der 38-Jährige. Zudem nutzt er seit 2009 die jährliche Fertigstellung eines Lofts, um seine Stammkunden zur Besichtigung einzuladen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das inspiriert: Jedes Mal generiert dieses Kunden-Event lukrative Folgeaufträge für den Betrieb. Zum Team von Lars Jensen gehören Trockenbauer, Bodenleger und Maler. Lars Jensen: »Größer werden soll mein Geschäft nicht mehr, und das bewusst. So klein, fein und übersichtlich, wie wir sind, kann ich das Maß an Qualität und persönlichem Kundenkontakt gewährleisten, das uns auszeichnet.«
Abbildungen: Brillux Ausgabe: 3/2013