Sauber mit Trockeneis

Die Reinigung von Oberflächen mit Trockeneis ist für viele Stuckateure noch Neuland. Der Vorteil des Verfahrens: Es trägt keine Substanz ab. Ein Test auf kleiner Fläche ist aber sinnvoll.
Das Sandstrahlen ist eine bewährte Technik, um Oberflächen zu behandeln, sie also etwa zu reinigen. Als Alternative mit wichtigen Vorteilen nutzt seit einigen Monaten der Essener Stuckateurmeister Jörg Ottemeier das Trockeneisstrahlen. Dass dabei kein Stahlgutstaub entsteht, dass als Rückstände nur das entfernte Material entsorgt werden muss und somit vor allem die Umgebung, beispielsweise die Nachbarn weniger tangiert werden, nennt Ottemeier als die zentralen Trümpfe. Bei dieser Methode werden winzige Eiskristalle mit hohem Druck auf die zu bearbeitenden Flächen geblasen. „Das erste Kristall vereist das Material, auf das es trifft, und versprödet es dabei. Das nächste löst es dann vom Untergrund“, beschreibt der Unternehmer das Grundprinzip. Das aus Kohlendioxid erzeugte Eis hat eine Temperatur von minus 79 Grad, wenn es die vom Kompressor angetriebene Düse verlässt. Beim Aufschlagen auf das Material geht das CO2 direkt in den gasförmigen Zustand über und verflüchtigt sich. Dies ist mit einer enormen Volumenzunahme verbunden, was ebenfalls zu dem Reinigungseffekt beiträgt. Dem Kälte- und Volumenschock halten insbesondere Lacke und andere Beschichtungen nicht stand, aber auch Brandruß und Schimmel. „Übrig“ bleibt lediglich das Material, dem die ganze „Aktion“ gegolten hat, die Lackreste etwa. „Nur diese müssen demnach entsorgt werden, nicht auch noch erhebliche Mengen an Sand wie beim Sandstrahlen“, so Jörg Ottemeier.Er habe die Technik für seine betrieblichen Anwendungsfälle erprobt, „weil ich anders sein und mehr machen möchte als andere am Markt“, sagt der Essener Firmenchef. Zudem wolle er im Geschäftsfeld der Fassadenreinigung und -sanierung aktiver werden. Das anderswo bereits häufig eingesetzte Trockeneisstrahlen biete dafür eine gute Basis. Ottemeier denkt vor allem an Einsätze, bei denen der extensiv herumwirbelnde Sandstaub unerwünscht oder sogar unangebracht ist, etwa im Denkmalschutz, im Holzbau oder in technisch sensiblen Bereichen. Auch bewohnte Gebiete und Geschäftszeilen würden so nicht belästigt. Wassermengen wie beim Nassstrahlen fallen ebenfalls nicht an. Als Grundstoff werden sogenannte Eispellets, gepresster Kohlensäureschnee, verwendet. Diese werden in das Strahlgerät gegeben und mit bis zu 17 bar Druck ausgeblasen. Die Größe der einzelnen Eiskristalle – üblicherweise etwa drei Millimeter – kann bei einigen Gerätetypen sogar in Richtung null Millimeter heruntergeregelt werden, sofern dies und auch ein geringerer Druck notwendig oder sinnvoll ist. Unterschiedliche Düsentypen werden zudem angeboten. Für die Eisstrahlmaschine hat Ottemeier rund 30000 Euro investiert. Hinzu kommt der starke M122 Kompressor, der gebraucht gekauft mit 15000 Euro ein „echtes Schnäppchen“ war. Im Praxiseinsatz werden zwei Mitarbeiter benötigt – einer, der die Düse auf die zu bearbeitenden Flächen hält, und einer, der für den Nachschub an Trockeneis sorgt. Der Mitarbeiter an der Düse muss in Kellern oder in anderen schlecht belüfteten Umgebungen Atemschutz tragen als Vorsorge gegen einen zu hohen Kohlendioxidgehalt in der Luft.
Die Eiskristalle zählen zu den „nicht abrasiven“ Mitteln. Das bedeutet, dass sie die bearbeiteten Oberflächen nicht beschädigen, weder mechanisch, wie unter Umständen die Sandkörnchen, noch chemisch, wie insbesondere früher die relativ aggressiven Abbeizmittel. Trotzdem empfiehlt Jörg Ottemeier, zunächst auf einer Testfläche zu erkunden, ob das Trockeneisstrahlen im konkreten Fall passend ist. „Es hilft nicht, wenn man Entrosten will. Bei noch intakten Beschichtungen, etwa Anstrichen, muss der Untergrund sehr hart sein“, erläutert der Stuckateur und Sachverständige Einschränkungen der Anwendungsbreite. Aber auch betriebsintern wird bei dem Essener inzwischen eisgestrahlt: In den Firmenfahrzeugen hat sich die Methode für die Innenreinigung inklusive der Entfernung von Kleber aus den Sitzpolstern und bei der Motorblockreinigung sehr bewährt und ist deswegen „fester Bestandteil in der monatlichen KFZ-Pflege“, schmunzelt der Chef. Harald Siebert
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