Die Wintermonate sind entscheidend

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Das »Wintergeschäft« ist eine tolle Sache für Reisebüros und Reifenhersteller. Anders dagegen am Bau. Wer sich auf die Fassade konzentriert, macht sich von der Witterung abhängig. Wir geben Denkanstöße für ein besseres Wintergeschäft auch im Stuckateur- und Malerhandwerk.

Lange und harte Winter, wie wir sie in den letzten Jahren häufig hatten, lassen den Geschäftsgang ins Stocken geraten. Kenner der Branche gehen davon aus, dass gerade die Wintermonate darüber entscheiden, wie ein Unternehmen am Ende des Geschäftsjahres dasteht. Wird im Winter schlecht gewirtschaftet, so kann das auch in den Zeiten der Hochphase nicht mehr kompensiert werden. Am Turnus der Jahreszeiten lässt sich nicht rütteln. Statistisch gesehen verteilen sich die Arbeitsstunden überdurchschnittlich auf die Monate von April bis Juli sowie Oktober und November. Dagegen wird im Januar bis März weniger gearbeitet. Wegen der Urlaubszeit wird auch im August noch weniger gearbeitet (siehe Tabelle). Ebenso sagen Wetternachrichten oder Wetterregeln nicht präzise voraus, wie streng und lang die Perioden mit Frost und Schnee sein werden. In Hinblick auf das Wintergeschäft ist unternehmerisches Handeln gefordert. Aber was ist zu tun, um erfolgreich über den Winter zu kommen? Gleich vorweg:

Patentrezepte gibt es nicht. Wie die Unternehmen sehr individuell gestrickt sind, so einzigartig sieht dann auch der Maßnahmenkatalog aus.
Die Unterschiede beginnen schon am Standort. In manchen Regionen dauert der Winter wesentlich länger als anderswo. Dann kommt es auf die Belegschaft an. Kann ein Mitarbeiter, der im Außenbereich effektiv arbeitet, auch in der Sanierung eingesetzt werden? Und was ist mit dem Chef? Ist er bereit, neue Wege zu gehen?
Gäbe es doch die einfache Möglichkeit, den Betrieb in den Winterschlaf zu schicken und erst wieder im Frühjahr zu aktivieren. Da das aber nicht geht, muss man versuchen, dem Winter den betriebswirtschaftlichen Schrecken zu nehmen. Stellschrauben können zum Beispiel die Auftragsbeschaffung oder die Reduktion von Kosten sein. Hier einige Denk­anstöße:

Aufträge sammeln

Die energetische Sanierung ist ein wichtiges Standbein für den Ausbau-Unternehmer. Doch der vorausschauende Unternehmer sollte sich davon nicht abhängig ­machen, sondern nach weiteren Betätigungsfeldern ­suchen. Gerade das Stuckateurhandwerk hat hier gro­ßes Potenzial. Das Vertrauen in das Geld schwindet und die Immobilie gilt wieder ­etwas als Wertanlage – sei es, um darin selbst zu wohnen oder zu vermieten. Doch wie kann der Unternehmer dieses Potenzial abrufen? Auf jeder Hochzeit zu tanzen ist sicherlich kein gutes Rezept. Tests und Versuchsballons helfen bei der Entscheidung. Man muss sich klar werden, was man kann und will. Auch wenn das Ziel heißt, alles aus einer Hand anzubieten, erreicht man es nur in Schritten. Zum »Ausbau-Unternehmer« wird man nicht von heute auf morgen. (Mehr dazu im Interview mit Stuckateur Rainer König ab der nächsten Seite.)

Mit Aktionen aufs Winterangebot hinweisen

Es gelingt auch, wenn man sich auf weniges konzentriert und sich dort stark macht. Der Fokus kann dabei auf einer besonderen Leis­tung liegen, wie zum Beispiel der Schimmelsanierung. Oder man bedient spezielle Zielgruppen, zum Beispiel die Senioren, die für ein paar Wochen dem kalten Wetter in den Süden entfliehen. Rechtzeitig müssen dann Aktionen gefahren werden und zum Beispiel ein spezielles «Winterpaket« angeboten werden.

Die Zeit könnte für Dinge genutzt werden, die später das Arbeiten effektiver machen. Dazu gehören die Qualifizierung von Mitarbeitern und der Unternehmensführung. Die Verbände und die Indus­trie bieten gerade in auftragsschwachen Monaten ihre Fortbildungsveranstaltungen an. Seminare motivieren und öffnen das Blickfeld. Auch sollte sich Zeit genommen werden, über das eigene Unternehmen nachzudenken und im Brainstorming he­rauszufinden, wie man noch besser werden kann.
Jetzt ist auch Zeit dazu, das Lager aufzuräumen und Maschinen und Werkzeug einer Prüfung zu unterziehen und wieder instand zu setzen. Restarbeiten oder Gewähr­leis­tungsarbeiten können jetzt ausgeführt werden. Auch an der eigenen Immobilie gibt es meist noch etwas zu tun.

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Arbeitszeit flexibel gestalten

Es ist vernünftig, dann viel zu arbeiten, wenn viele Aufträge vorhanden sind, um dann zu reduzieren, wenn die Flaute beginnt. Wenn es brummt, kommen mehr ­Wochenstunden zusammen – durch mehr Stunden am Tag und Samstagsarbeit. Damit lässt sich das Arbeitszeitguthaben füllen. Die Stunden werden im Winter abgefeiert. Im Bauhauptgewerbe wird bei schlechtem Wetter und Auftragsmangel dieses Verfahren mit einem Zuschuss-Wintergeld in Höhe von 2,50 Euro pro Stunde belohnt (mehr dazu auf den folgenden Seiten). Arbeitszeitkonten erhöhen außerdem die Flexibilität im Unternehmen. In einer Internet-Umfrage von ausbau + fassade nannten die meisten die Nutzung von Arbeitszeitkonten und Saison-Kurzarbeitergeld als ihre wichtigste Maßnahme.

Idealtypische Verteilung der Arbeitszeit im Stuckateurhandwerk. Monatliche Abweichung vom Jahresmittel
Idealtypische Verteilung der Arbeitszeit im Stuckateurhandwerk. Monatliche
Abweichung vom Jahresmittel

Am zweithäufigsten wurde die Reduzierung der Belegschaft genannt. Auf diese Art und Weise wird die Kernmannschaft ganzjährig beschäftigt. Im Sommer wird dann aufgestockt, eventuell mit befristeten Arbeitsverhältnissen. So werden die Kapazitäten an die Marktverhältnisse angepasst. Es versteht sich von selbst, dass die Mitarbeiter eingebunden und motiviert werden müssen. Ein Familien­vater wird seinen Urlaub in der Ferienzeit nehmen wollen. Und nicht jeder hat Lust zu arbeiten, wenn das Wetter zu etwas anderem einlädt. Zum Chefsein gehört auch, die Kunst zu verstehen »Wie sage ich es meinen Mitarbeitern?«.

Wer die Möglichkeiten von Saison-Kurzarbeit, Winterkündigung, flexibler Arbeitszeit oder Überstunden gut nutzt, ist auch mittel- und langfristig gut aufgestellt. Dann kommt man auch mit schwachen Monaten im Winter gut über die Runden, wenn die Kostenstruktur und Liquidität dies erlaubt. Weniger Mitarbeiter benötigen auch nicht mehr so viele Fahrzeuge. Wer ein Auto abmeldet, reduziert damit seine Fixkosten. Denken Sie auch an die Bank und handeln Sie eine Winterkreditlinie aus. Es gibt also eine Reihe von Maßnahmen, das Auf und Ab der jahreszeitlichen Unternehmenskonjunktur in den Griff zu bekommen. Man muss nur rechtzeitig damit beginnen – und wenn es im nächsten Winter ist, weil man Zeit dazu hat.