
Der eine Schimmelpilzbildung in Innenräumen auslösende ursächliche Sachverhalt ist meist relativ komplex, obwohl der Hauptgrund, der zur Schimmelpilzbildung führt, stets der gleiche ist: erhöhte Feuchtigkeit! Entweder war die Raumluft zu feucht oder es ist durch äußere Einflüsse Wasser ins Bauteil eingedrungen. Ohne Feuchtigkeit kein mikrobiologischer Befall! Fachautor Jürgen Gänßmantel fasst das aktuelle Wissen zusammen.
Schimmelpilze sind in unserer Umgebung allgegenwärtig, treten in den unterschiedlichsten Bereichen auf und weisen verschiedene gesundheitliche Wirkungen auf Menschen auf. Sie verbreiten sich durch Sporen, die in der uns umgebenden Innen- wie Außenluft ständig vorhanden sind. Die zur Entwicklung notwendige Energie gewinnen Schimmelpilze durch den Abbau organischer Substanzen wie Holz, Teppiche, Tapeten, Tapetenkleister, Stroh, Stoffe, Baumwolle, Farben, Dichtstoffe, usw. Hauptfaktoren für Schimmelpilzkeimung und -wachstum in Räumen sind neben den Oberflächenbedingungen (Organik, pH-Wert, Nährstoffangebot) entweder ein dauerhaft feuchter Untergrund oder eine relative Luftfeuchtigkeit von dauerhaft mehr als zirka 75 Prozent an einer Oberfläche.
Wann bildet sich Schimmel im Innenraum?
Anamnese – Diagnose – Therapie heißt der Weg in der Medizin, und er eignet sich auch bei der Bekämpfung von Schimmelpilz. Die mutmaßlichen Verursacher findet man nur, wenn man sich im Dickicht der Einflussfaktoren auskennt und ausreichend Fakten und Daten vorliegen. Dabei stehen die methodische Ursachenermittlung für den Feuchtigkeitsschaden durch Bestimmung/ Messung der Feuchtigkeiten und die Kenntnis über die Bekämpfungs-, Beseitigungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie der entsprechenden Regelwerke dazu im Fokus. Genauso wichtig wie die Schadensbeseitigung ist auch die Vermeidung von Schimmelpilz durch Gewährleistung geeigneter Bauwerksund Nutzungseigenschaften. [1]
Fehlende beziehungsweise defekte Balkonentwässerung (links) führt raumseitig zu dauerhaftem Feuchteeintrag und Schimmelpilzbildung (rechts).
Bei der Aufklärung der Ursachen von Schimmelpilzbefall orientiert man sich meist in zwei Richtungen: äußere Einflüsse, die zum Auftreten von Feuchteschäden führten, oder Situation mit dauerhaft erhöhter Luftfeuchtigkeit (> 75 % r.F) bis hin zur Kondensation des Wasserdampfes aus der Raumluft an entsprechend kalten Oberflächen (100 % r.F). Innerhalb dieser Hauptkategorien können Schwerpunkte (zum Beispiel Nutzer, Bauwerk usw.) zugeordnet werden. Der Nutzer ist dann (Mit-) Verursacher, wenn falsches (Heiz- und Lüftungs-) Verhalten zur dauerhaften Erhöhung der Raumluftfeuchtigkeit führt. Andererseits: richtiges Heiz- und Lüftungsverhalten kann bei schlecht Wärme dämmenden Bestandsbauten eine Erhöhung von Oberflächenfeuchtigkeit nicht vermeiden.
Um die schädigenden Feuchtequellen und andere zusätzliche Schadensursachen zu ermitteln und um wirksame Maßnahmen dagegen zu treffen, müssen die Gegebenheiten vor Ort (Luftbedingungen) und die Feuchtigkeitsverhältnisse in den Baustoffen bekannt sein. Während einer Ortsbesichtigung wird das aktuelle Innenklima erfasst, idealer Weise kontinuierlich über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet; Beurteilungen der Feuchtigkeit an den Wandoberflächen geben ersten Aufschluss über die Feuchteverteilung. Durch Entnahme von Proben vor Ort können im Labor die Feuchtekennwerte der verwendeten Baustoffe ermittelt werden. Über die Analyse der in Bauteilhöhe und -tiefe unterschiedlichen Durchfeuchtungsgrade können in vielen Fällen die Feuchtigkeitsursachen ermittelt werden. Dies ermöglicht die nachhaltige Beseitigung des Schadens, d.h. die Entfernung und die Bekämpfung des Schimmelpilzes, die Beseitigung der Feuchtigkeitsquelle, die Erneuerung der betroffenen Baustoffe und die Optimierung der weiteren Nutzung.
Feuchtigkeitseintrag von außen
Darunter versteht man Feuchtigkeitseinträge von oben (zum Beispiel undichte Dächer), von außen (zum Beispiel undichte Fassaden, Fugen, Fenster) und von unten (zum Beispiel aufsteigende Feuchtigkeit aus Grundmauerwerk usw., wenn die vertikalen oder horizontalen Bauteilabdichtungen zum erdberührten Bereich fehlen, defekt oder fehlerhaft sind). Konstruktive oder bauliche Mängel wie defekte Mauerwerksfugen, Risse im Putz oder in der Verfugung, zu stark saugende Außenoberflächen, falsche Detailausbildungen von Traufkanten und Gesimsen, falsche, fehlende oder defekte Regenwasserableitung usw. verstärken die Aufnahme von Wasser über die Außenbauteile.
Wasserschäden aller Art können zum Schimmelwachstum führen
Beispiele für diese Feuchtigkeitsquellen sind vor allem Wassereinbrüche, Rohrbrüche, defekte Übergänge oder Abdichtungen von Installationsleitungen, geplatzte Waschmaschinenschläuche, beschädigte Wasserleitungen, überlaufende Badewannen, auslaufende Wasch- und Spülmaschinen usw. Häufig wird die Ursachenermittlung dadurch erschwert, dass die Feuchtigkeit nicht dort sichtbar wird, wo sie tatsächlich austritt, die austretenden Feuchtigkeitsmengen unterschätzt oder Leckagen nicht sofort geortet werden. Defekte Abwasserleitungen von Toiletten führen aufgrund der in den Exkrementen enthalten Nitrate zu zusätzlicher hygroskopischer Feuchtigkeitsaufnahme. Daher findet man oft in Zusammenhang mit derartigen Abdichtungsproblemen typische Salzschäden an den Außenwänden, Schimmelpilz an den Innenwänden.
Erhöhte Luftfeuchtigkeit an Oberflächen
Erhöhte Luftfeuchtigkeit an Oberflächen entsteht infolge niedriger Oberflächentemperaturen, zum Beispiel bei reduzierten Raumlufttemperaturen oder durch Wärmeverluste der Bauteile. Im Extremfall kann die oberflächennahe abgekühlte Luft keinen Wasserdampf mehr aufnehmen, so dass dieser sich an Raumoberflächen als Tauwasser niederschlägt (> 100 % r.F). Verstärkt wird dieser Effekt bei hohem Feuchtigkeitsanfall, wie zum Beispiel im Bad beim Duschen (beschlagener Spiegel), in der Küche beim Kochen usw. Der Niederschlag erfolgt dort verstärkt, wo an Oberflächen eine deutlich niedrigere Temperatur vorherrscht als in der Raumluft, d.h. der Kondensationsvorgang setzt immer an der kältesten Stelle an.
Welche Auswirkungen haben Wärmebrücken auf die Schimmelentstehung?
Gefördert beziehungsweise verursacht wird dieser Effekt durch Wärmebrücken in Außenbauteilen. Darunter versteht man örtlich begrenzte Stellen, die im Gegensatz zu den angrenzenden Bauteilbereichen einen höheren Wärmefluss aufweisen. Somit tritt nicht nur ein höherer Wärmeverlust ein, sondern die Oberflächentemperaturen in dem betreffenden Bauteilbereich verringern sich.
|
Konstruktive Wärmebrücke (Beton im Fenstersturz) und geometrischeWärmebrücke (Außenwandecke) führen zu Kondensat- und Schimmelpilzbildung. |
Konstruktions- beziehungsweise stoffbedingte Wärmebrücken entstehen, wenn die Baustoffe einer Außenwand unterschiedliche Wärmeleitfähigkeiten aufweisen, zum Beispiel Betonrippen einer Konstruktion und dazwischen ausgemauerte Brüstungen, wenn gut Wärme leitende Bereiche (Ringanker, Fensterstürze usw.) nicht gedämmt sind (Bild 3) oder wenn die Außenwanddicken in bestimmten Wandbereichen geringer sind (Heizkörpernischen, Installationsschlitze usw.). Bei geometrisch bedingten Wärmebrücken ist aufgrund der Raumgeometrie die Oberflächentemperatur niedriger als die der umliegenden Wand. Dies ist besonders bei Außenwandecken der Fall, wo einer relativ kleinen Innenfläche eine deutlich größere Außenfläche gegenüber steht, somit die Erwärmung von der Innenseite her geringer ist als die Abkühlung auf der Außenseite und das Bauteil im Eckbereich stärker abkühlt. In die Kategorie der lüftungstechnisch bedingten Wärmebrücken fallen zum Beispiel Wandbereiche, die von durch Heizung erwärmter Luft schlecht oder nicht belüftet werden (Raumwinkel/-ecken, Möbel direkt vor der Wand usw.) oder Oberflächen, die durch vorbeiströmende kalte Außenluft abgekühlt werden (undichte Fensterrahmen, auskühlende Fensterleibungen infolge Spaltlüftung bei dauerhaft gekippten Fenstern usw.).
Zur Innenkondensation können neben den Wärmebrücken auch noch andere Ursachen beitragen oder sich mit dieser Problematik überlagern, zum Beispiel erhöhte Rohbaufeuchtigkeit bei Neubauten oder Konvektion und Abkühlung feuchter Luft durch defekte oder fehlerhafte Dampfsperren.
Wie wird ein Schimmelschaden beseitigt?
Welche Möglichkeiten zur Schimmelpilzprävention gibt es?
Der Ablauf beim sachkundigen Erkennen und fachgerechten Beseitigen von mikrobiellem Befall wie zum Beispiel Schimmelpilz besteht aus aufeinander abgestimmten Einzelschritten (Abbildung 4). Eine nachhaltige Schadensbeseitigung und Schimmelpilzbekämpfung setzt stets die ursachengerechte Beseitigung der Feuchtigkeitsquellen voraus. Beispiele sind:
- Kondensat durch schlechten Wärmeschutz -> Wärmedämmmaßnahmen
- Fehlender Schlagregenschutz der Fassaden -> Fassaden beschichten, Fugen ausbessern, Imprägnierung
- Aufsteigende Mauerwerksfeuchtigkeit -> Abdichtungskonzept
- Undichte Wasserleitungen -> Reparatur oder Austausch usw.
In der Regel erfolgt eine Risikoabschätzung und Gefährdungsbeurteilung des Schimmelpilzbefalles, das heißt, die Größe des Befalls wird bewertet, je nach zu erwartender Sporenkonzentration die Gefährdungsklasse festgelegt und anschließend das bestmögliche (das hießt die geringste Sporenmenge freisetzende) Arbeitsverfahren ausgewählt.
Schimmelpilzbeseitigung erfordert geeignete Arbeits-, Personen- und Raumschutzmaßnahmen, das heißt es müssen technische und bauliche sowie organisatorische Maßnahmen und persönliche Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Eine Sporenverteilung ist zu verhindern durch staubdichte Abtrennung des Schadensbereiches, Abdecken von Möbeln, Wänden und Böden, Trennung kontaminierter Arbeitskleidung von Straßenkleidung usw.
Die anschließenden Arbeitsschritte sind: Desinfektion befallener Oberflächen mit desinfizierenden Reinigern oder Sporenbindern, vollständiges Entfernen und sofortiges Entsorgen der mit Schimmelpilz belasteten Schichten, Reinigen der so vorbereiteten Oberflächen mit einem speziellen Staubsauger, gegebenenfalls weitere Dekontamination (H2O2, Alkohole usw.). Anschließend wird die Oberflächenbeschichtung wiederhergestellt. Mit diesem Maßnahmenpaket wird in der Regel der »Normalzustand« als Sanierungsziel realisiert, d.h. dass die Oberflächen nicht mit Schimmelpilzen bewachsen sind und dass keine mikrobielle Kontamination über das übliche Maß hinaus bestehen. Daher ist eine adäquate Sanierungs-/Erfolgskontrolle erforderlich. [2]
![]() |
Beispiel zur Ursachenbeseitigung und Prävention von Schimmelpilzbefall: Auftrag eines alkalischen Wärmedämmputzes zur Erhöhung der Oberflächentemperaturen mit Schichtdickenkontrolle. |
Beim Neuverputz empfiehlt sich die Verwendung von Kalk- oder Kalkzementputzen, deren Alkalität einem erneuten Schimmelpilzbefall vorbeugen kann. Gegebenenfalls kann die Verwendung geeigneter Dämmstoffe wie Wärmedämmputze, kapillar aktive Dämmplatten usw. bereits in geringer Dicke oder die partielle Verwendung sogenannter Temperaturleitbleche zur Wärmeverteilung die kritischen Oberflächentemperaturen soweit erhöhen, dass das Schimmelpilzrisiko deutlich reduziert wird. Die fachgerechte Anwendung und Verarbeitung geeigneter Materialien ist wichtiger Bestandteil einer wirkungsvollen Präventionsstrategie!
Parallel müssen die Ursachen für die erhöhten Feuchtigkeitsgehalte beseitigt werden (siehe oben); vielfach (besonders bei Wasserschäden) ist zur weiteren Feuchtereduzierung im Bauteil eine entsprechende Bautrocknung (Kondens- oder Adsorptionstrockner, Mikrowellentechnik) erforderlich. Nach Abschluss der Arbeiten sollte eine Erfolgskontrolle erfolgen (Sichtkontrolle, Messungen, flankierende Prüfungen).
Frei von Schimmel durch die richtige Raumnutzung
Die Raumnutzer können normalerweise dazu beitragen, den Innenraum frei von Schimmelpilzaktivitäten zu halten, denn durch ausreichendes Lüften kann die bei der Nutzung freigesetzte Feuchte ins Freie abgeführt werden. Durch Heizen wird zu geringen Oberflächentemperaturen von Bauteilen entgegengewirkt und der Feuchteabtransport beim Lüften unterstützt. Bei Gebäuden mit baulichen Mängeln wie zu geringem Wärmeschutz oder unzureichenden Lüftungsmöglichkeiten (siehe oben) sind Maßnahmen durch den Raumnutzer im Einzelfall jedoch nicht ausreichend. [3]
In der Alltagspraxis muss sichergestellt werden, dass die zum Abführen der Raumluftfeuchtigkeit erforderlichen Luftwechsel auch gewährleistet sind. Wenn keine geregelten Be- und Entlüftungsanlagen als nutzerunabhängige Lüftungsmaßnahmen nach DIN 1946-6 vorgesehen sind, wie das zum Beispiel üblicher Weise im Geschosswohnungsbau der Fall ist, bedeutet dies, dass die Nutzer selbst in der Pflicht sind, richtig zu lüften. Hierzu wurden zwischenzeitlich zahlreiche Ratgeber, Broschüren und Richtlinien erarbeitet, die jedoch leider oft nicht bekannt sind oder einfach ignoriert werden. [4]
Zum regelmäßigen Lüften muss der Nutzer animiert werden. Die Lüftung situationsabhängig zu gestalten ist sinnvoll und verständlicher für den Laien. Damit die Nutzer selbst die erforderlichen Luftwechsel ausführen können, benötigen sie eine Hilfestellung. So ist zum Beispiel das Aufstellen von Hygrometern eine einfache Variante, um den richtigen Zeitpunkt für eine Lüftung zu erkennen.
![]() |
Ein Beispiel zur Steuerung des Lüftungsverhaltens: Das Hygrometer zeigt dem Nutzer »Gut durchlüften für 5min« an. Alle Fotos: Gänßmantel |
Mittlerweile gibt es auch elektronische Anzeigen, die wie eine »Lüftungsampel« funktionieren und in den Fensterbeschlägen oder -griffen eingebaut werden. Sie signalisieren dem Bewohner über Rot/Gelb/Grün-Anzeige, wann es Zeit zum Lüften ist und sollen so nach Sanierungen helfen, Schimmel zu vermeiden. Zudem können über einen längeren Zeitraum die Lüftungsvorgänge und die Raumklimadaten abgespeichert werden. Die neueste Entwicklung im Zeitalter der Tablets, iPhones und iPads sind sogenannte Schimmelpilz-Apps. [5] Damit lassen sich Schimmelpilzrisiken bewerten und die Nutzer können zu geeigneten Maßnahmen animiert werden.
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Gänßmantel
Ingenieurbüro Gänßmantel, Beratender Ingenieur, ö. b. u. v. Sachverständiger, aktives Mitglied in der WTA e. V., Mitgründer und Vorsitzender des Fachverbands Innendämmung e.V. (FVID), Dormettingen/Zollernalb und Landau/Pfalz
Literatur
[1] Deitschun F., Warscheid Th.: Richtlinie zum sachgerechten Umgang mit Schimmelpilzschäden in Gebäuden: Erkennen – Bewerten – Instandsetzen. Netzwerk Schimmel e.V./Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V., 2. überarbeitete Fassung Stand 01.09.2014
[2] WTA – Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (Hrsg.): Ziele und Kontrolle von Schimmelpilzschadensanierungen in Innenräumen; WTA-Merkblatt 4-12, Ausgabe 11.2016/D
[3] Umweltbundesamt: Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden, Stand 2017 [4] Dena – Deutsche Energie-Agentur GmbH (Hrsg.): Gesund Wohnen durch richtiges Lüften und Heizen. Berlin 2004
[5] HübnerM., Ludwigshafen. Im Internet unter www.mybestapp.de (Aufruf 04.05.2018)