Der Instagram-Gipser

Felix Schröder aus Bad Dürkheim erzählt auf Instagram über seine Arbeit und macht erfolgreich Werbung für sein Handwerk. Seine Fotos und Videos interessieren Tausende Menschen.
Wenn Felix zum Reibebrett greift, schauen ihm via Internet viele auf die Finger. Über 4600 Menschen folgen seinem Account @gipserfelix auf Instagram. Das soziale Netzwerk hat in Deutschland über neun Millionen Nutzer. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass Felix Schröder einfach mal so angefangen hat, auf Instagram etwas über sich und seinen Beruf zu erzählen. Seit Januar 2018 postet der 21-jährige Stuckateurgeselle täglich auf Instagram Fotos über seinen Alltag auf der Baustelle.
Felix liebt seinen Beruf. »Ich zeige, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Dadurch will ich junge Leute fürs Handwerk begeistern«, sagt er. Schon vor einem Jahr hat er für den Stuckateurbetrieb seines Vaters eine Firmenseite auf Instagram angelegt, denn im Betrieb seines Vaters Kai Schröder ist Felix fürs Marketing verantwortlich. Die Willi Schröder GmbH in Dürkheim ist ein Familienbetrieb, der Putz- und Malerarbeiten, Trockenbau, Wärmedämmung und Oberflächengestaltungen realisiert.
Im Netz Kunden gewinnen
Was ein Instagram-Account bringt? Man bleibt im Gespräch, so die Erfahrung des Instagram-Gipsers. »Viel ist passiert, mit dem ich nicht gerechnet habe«, erzählt er. So wurde mancher Neukunde gewonnen, auch bundesweit. Ein Follower beauftragte zum Beispiel das Verputzen seines Bades. »Meine Follower schreiben mir, wenn sie Beiträge sehen, die für sie interessant sind. Gerade bei jungen Leuten ist Instagram angesagt.«
In Zeiten des Nachwuchsmangels seien soziale Netzwerke eine Chance, damit junge Leute Kontakt zum Handwerk bekommen, findet Schröder.
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Bild von der Baustelle: So wird ein Sockel gefilzt |
Bei ihm meldete sich neulich ein junger Mann aus Nürnberg, weil die Fotos sein Interesse für die Ausbildung weckten. Die Entfernung war ihm dann zu weit. »Trotzdem habe ich ihm Bewerbungstipps gegeben.« Denn kleinlich sei er nicht. »Wenn ich eine Frage beantworten kann, mache ich das gerne.« Auch Hausblogger – Bauherren, die im Internet über ihren Hausbau bloggen, folgen dem jungen Stuckateur und stellen manche Frage. Das bringt zwar keinen Auftrag, indirekt profitiert der Betrieb sehr wohl. Ab und zu gibt es Weiterempfehlungen an Freunde.
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Einfach mal zeigen, was man somacht den ganzen Tag | Referenz auf Instagram: Die Wand wurde glatt (Q4) gespachtelt und anschließend eine spezielle Spachtelmasse aufgetragen |
Interaktion ist wichtig
Wenn Schröder in die Kamera lächelt, wirkt er authentisch. »Ich finde es schade, dass man auf Instagram oft den Eindruck hat, jeder sei Millionär oder Fitnessmodel. Ich zeige, dass man auch Spaß und Erfolg haben kann, wenn man ehrlich ist«, betont er. Eine bestimmte Zielgruppe hat er nicht. Ihm folgen Menschen verschiedener Gewerke, die sich über ihr Handwerk austauschen wollen – ob Gipser, Zimmerer oder Maler. Besonders beliebt sind seine Kurz-Videos von der Arbeit, die er mit einer App im Zeitraffer erstellt. Aber auch private Bilder oder Blicke hinter die Kulissen finden Abonnenten gut.
Die Vorteile der Bilderplattform liegen auf der Hand: Man kann ein großes Netzwerk aufbauen. Dazu folgt man einfach den Profilen anderer Nutzer, das heißt, man abonniert deren Beiträge. Über die Suchfunktion kann man nach Instagrammern suchen, die sich für die eigenen Leistungen interessieren. Den vorgeschlagenen Nutzern kann man dann folgen. Viele folgen mit großer Wahrscheinlichkeit dann auch dem eigenen Profil. Mitbewerbern zu folgen, ist auf Instagram ganz normal. Zusätzlich lassen sich branchennahe Posts kommentieren oder mit einem Klick auf das Herzsymbol »liken«. Das erhöht die Zahl der Follower.
»Wer sich ehrlich für andere Profile interessiert, bekommt selbst viel Feedback«, so die Erfahrung von Felix Schröder. Praktisch sind auch integrierte Statistiken. Darüber kann der Stuckateur das Nutzungsverhalten seiner Follower analysieren. »Der größte Teil meiner Follower ist zwischen 20 und 30 Jahren alt«, weiß Schröder. Ebenso sieht er, wie viele »Gefällt mir«-Angaben, Kommentare, Reichweite und Interaktionen sein Beitrag bekommen hat. Wer ein Instagram-Profil anlegen möchte, sollte jedoch daran denken, regelmäßig etwas Interessantes zu bieten. Das braucht Zeit und Ausdauer. Ein bis zwei Stunden investiert Felix Schröder täglich.
Werbung fürs Handwerk
Durch seine Internetaktivitäten sind mittlerweile die Medien auf ihn aufmerksam geworden. Für »Das Ding«, den jungen Radiosender des SWR, gab er ein Interview über seinen erfolgreichen Instagram-Auftritt. Und für einen Tag übernahm der Stuckateur den Instagram-Kanal der Imagekampagne des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Auf dem Social-Media-Kanal der Kampagne berichtete Felix live in Bildern und Videos von seinem Arbeitsalltag – ein voller Erfolg: Rund 4000 Personen sahen die Instagram Stories an. Auch das Feedback der Community war durchweg positiv.
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Wiemacht man einen Innenputz? Der Stuckateur erklärt Schritt für Schritt |
Vor schnellen Autos kann jeder posieren. Felix findet Werkzeug cooler |
So ein »Takeover« auf Kampagnenkanälen eignet sich hervorragend, um einen spannenden Eindruck vom Handwerk zu geben. Bei einem Takeover übernimmt eine außen stehende Person, in der Regel ein reichweitestarker Influencer, einen Social Media Account. Er interagiert dort mit der Community und postet im Auftrag.
Wenn Felix von seinen Followern gefragt wird, welchen Akkuschrauber er verwendet, stellt er gerne Werkzeuge vor, mit denen er gute Erfahrungen gemacht hat. So haben ihn auch zwei Firmen auf Instagram entdeckt: Ein Maschinenhersteller und eine Bekleidungsfirma. Aus dem Kontakt hat sich eine Kooperation entwickelt. Nun ist Felix auch als Influencer im Netz unterwegs. Influencer sind Menschen, die sich mit Produkten der jeweiligen Marke auf ihrem Instagram-Account zeigen und entsprechend marketingwirksam auftreten.
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Im Betrieb seines Vaters Kai Schröder (links) ist Felix für das Marketing im Internet verantwortlich |
Authentisch bleiben
Felix selbst will das Ganze nicht zu hoch hängen und bodenständig bleiben: »Ich würde mich nicht als Influencer bezeichnen, ich sage weiter ehrlich meine Meinung.« Zudem hofft er, dass weitere Kollegen auf Instagram aktiv werden. »Ich bin überzeugt, so bringen wir das Handwerk auf Vordermann.« Mit einem Profil könne jeder Aufmerksamkeit für die eigene Marke gewinnen. Um zu verstehen, wie das Bildernetzwerk funktioniert, kann man als Einsteiger zum Beispiel Mitbewerbern folgen und so Inspirationen sammeln. Jedoch sollte man nicht versuchen, andere zu kopieren. Es sei besser, authentisch zu bleiben.
Christine Speckner, freie Journalistin
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