Fachschultage in Fulda: Wie wollen wir künftig ausbilden und arbeiten?
Eine Ausbildung zum Maler und Lackierer? Schulabgänger in Deutschland entscheiden sich immer seltener dafür. Bereits heute gibt es einen eklatanten Fachkräftemangel. Was soll da erst die Zukunft bringen? Über Anspruch und Realität bei der Aus- und Weiterbildung in der Maler und Lackiererbranche haben 60 Studierende im Bildungsgang „Staatlich geprüfter Lacktechniker“ diskutiert.
Beim ersten deutschen Fachschulkongress Ende September in Fulda trafen die angehenden Führungskräfte in Handwerk und Industrie auf Lehrer der sieben deutschen Fachschulen Farbe. Gemeinsam wollen sie Impulse geben für Aus- und Weiterbildung. Die gemeinnützige Sto-Stiftung fördert die Fachschultage finanziell, kommunikativ und inhaltlich. Die gemeinsame Veranstaltung der Fuldaer Ferdinand- Braun-Schule, der Wilhelm-Ostwald-Schule in Berlin, Gsechs Fachschule Farbtechnik in Hamburg, Walter- Gropius-Schule in Hildesheim, Badischen Malerfachschule Lahr, Städtischen Fachschule für Farb- und Lacktechnik in München und der Schule für Farbe und Gestaltung Stuttgart diente einer ersten Bestandsaufnahme.
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Angehende Führungskräfte in Handwerk und Industrie trafen sich zu den ersten Fachschultagen in Fulda. Kritische Bestandsaufnahme: Wie groß klafft die Lücke zwischen Ausbildungsinhalten und künftigen Anforderungen an die Maler- und Lackiererbranche.
Professor Klaus Hurrelmann, Hertie School of Governance, beschäftigt sich damit, wie die Generation Y tickt. Der Jugendforscher spricht mit den jungen Teilnehmern über ihre Ansprüche an Arbeit und Leben.
Nele Oldenburg studiert an der Walter-Gropius-Schule in Hildesheim. Sie möchte die Zukunft der Maler- und Lackiererbranche aktiv mitgestalten.
„Perspektive Zukunft“: In Fulda trafen sich 60 angehende Lacktechniker, um gemeinsam mit den sieben deutschen Fachschulen Farbe eine Reform der Handwerksausbildung anzustoßen. Fotos: Sto-Stiftung / Christoph Große
Angehende Führungskräfte in Handwerk und Industrie trafen sich zu den ersten Fachschultagen in Fulda. Aus der Wissenschaft gab es wichtige Impulse für die kritische Auseinandersetzung mit Ausbildungsinhalten und -methoden. Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen verknüpfte in ihrem Vortrag positive Perspektiven im Malerhandwerk mit hohen fachlichen und menschlichen Anforderungen, vor allem an künftige Betriebsinhaber: „Die Fähigkeit zur Personalgewinnung und -motivation entscheidet über den Erfolg Ihres Betriebs.“ Rump ermunterte die Studierenden, ungewöhnliche Wege zu beschreiten.
Professor Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance attestierte den zwischen 1985 und 2000 Geborenen den Anspruch an ein modernes, hierarchiearmes Arbeiten auf Augenhöhe, jenseits starrer Konventionen. Die „Generation Y“ habe laut Deutschlands bekanntestem Jugendforscher den Wunsch nach Erfüllung durch sinnhafte Arbeit und nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie.Holger Jahn, Professor an der Fachhochschule Potsdam, regte den Nachwuchs an, sich mit der im Handwerk scheinbar wenig beliebten Digitalisierung aktiv auseinanderzusetzten. Er sehe keine Alternativen zu diesem Megatrend – erst recht nicht im Handwerk. Der Experte für Mobilität und Gestaltung ermunterte die Fachschüler, den Trend beruflich zu nutzen.
Ein Podium aus Hochschullehrern und ehemaligen Absolventen der Fachschulen diskutierte die vielfältigen Karrierewege. Denn neben dem klassischen Handwerk gibt es Berufsperspektiven in der Industrie, der beruflichen Bildung oder der akademischen Forschung. In Workshops entwickelten die Studierenden kontroverse Thesen, die im Plenum debattiert wurden. Ferdinand Weimpert, Fachschule Stuttgart, konstatierte selbstkritisch einen deutlichen Mangel an Innovationsfreude, meinte aber auch, das Handwerk sei bedeutend besser als sein Image. Nele Oldenburg und Jens Ariaans von der Fachschule Hildesheim forderten eine neue Sicht auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Starre Arbeitszeiten, autoritäre Führung und mangelnde Einbeziehung in betriebliche Entscheidungen schreckten ebenso ab.
In einem Manifest werden die Thesen aus dem Plenum bis zum Jahresende zusammengefasst. Für Stiftungsrat Konrad Richter hat die Veranstaltung wichtige Impulse gesetzt: „Mit dem Manifest steigen wir in die Diskussion über einen geänderten Führungsstil im Handwerk, über modernes handwerkliches Management und über eine veränderte Kundenorientierung mit allen Akteuren der Branche ein. Ich freue mich sehr, dass die Fachschulen das Format in zwei Jahren fortsetzen wollen.“ Weitere Informationen unter www.sto-stiftung.de