01. Januar 2016

Souveräne Farbgestaltung

So viele Preisträger gab es noch nie: Der 21. Deutsche Fassadenpreis schloss Mitte ­September mit Auszeichnungen an 21 Teilnehmerobjekten in den sieben Wettbewerbssparten ab. Die Gewinner wurden mit Preisgeldern über insgesamt 20000 Euro belohnt.

Die Kunst liegt in der Verfeinerung. ­Diese Entwicklung ist in den 21 Jahren, seit der von Brillux ausgeschriebene Deutsche Fassadenpreis Farbgestaltungen eine viel beachtete Bühne bietet, deutlich erkennbar. Der äußeren Sichtfläche eines Gebäudes wird immer mehr Bedeutung beigemessen und ihr immer mehr Leistung abverlangt. Die Entwürfe der gestaltenden Handwerker und Planer, die sich am Deutschen ­Fassaden­preis 2012 beteiligten, gehen enthusias­tisch mit diesen funktionalen, städtebaulichen und ästhetischen ­Anfor­de­r­ungen um. Unter den 404 Einreichungen zum Wettbewerb ­ermittelte die elfköpfige Fachjury 21 Preisträger in den sieben Wettbewerbssparten. Auf Gut Havichhorst bei ­Münster fand am 12. September 2012 die Preisverleihung statt, die mit insgesamt 20000 Euro Preisgeld ­dotiert war. Interessant bei der Gesamtschau der Preisträger ist ihr gemeinsamer Nenner: Als vielfarbiger Faden zieht sich ein souveräner, selbstverständlicher und sinnbetonter Umgang mit Farbe durch alle Entwürfe.

Wohn- und Geschäftshäuser
In der Sparte »Wohn- und Geschäfts­häuser« hat sich ein neu erbautes Mehrfamilienhaus auf einem ehemaligen US-Army-Gelände im bayerischen Neu-Ulm auf Platz eins platziert. Durch eine bauliche Gliederung der ­Fassade und ein kluges Farbkonzept aus hellem Grau für öffentliche Blickfelder und warmem Orange für ­Privates wie ­Loggien und Innenhofbereiche glückte die Individualisierung des Standard-Baukörpers. Dieser erste Preis geht an den Stuckateurbetrieb Heiter aus Aalen, die Fami­liengesellschaft WM GbR Professor Gerhard Mayer aus Ulm (Bauherr), die Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm (Baubetreuer) und den Darmstädter Architekten Florian Krieger.  Der zweite Preis geht an Rene Nestler Stuckateurmeisterbetrieb und das Büro »as ­Planungsgesellschaft« (beide Pforzheim). Sie schufen eine repräsentative Fassadengestaltung für den Erweiterungsbau eines Pforzheimer Seniorenzentrums.
Für das Konzept für die Belebung eines finsteren, unattraktiven Hinterhof-­Ensembles in Schwerte erhielt die ­ansässige Firma Torsten Broer Maler-meis­ter aus Schwerte den dritten Preis. Eine Anerkennung holten sich der Thaler ­Malermeisterbetrieb (Tettenweis) und das Büro »Ideen-planen-bauen Vargas« für die äußere Gestaltung des Park-­Hotels im bayerischen Pfarrkirchen ab.

Öffentliche Gebäude
Wo früher Waschbetongrau die Sichtfläche prägte, bestimmt jetzt eine aus Farbbauklötzen komponierte Silhouette die positive Anmutung eines Plattenbaus in Berlin-Hellersdorf. Diese Gestaltungsidee war der Jury einen ersten Preis wert. Die Auszeichnung teilen sich der Humanistische Verband Deutschlands (Bauherr), die apto Plan Ingenieurgesellschaft (Planungsbüro) und die Gestalter SMAQ in Zusammenarbeit mit den Künstlern Rodney LaTourelle und Louise Witthoeft sowie die Handwerker Jahns und Jahns Malereibetriebe (alle Berlin). Der zweite Preis prämiert eine Kindertagesstätte. Auffallend an diesem Dresdener Neubau sind die Einschnitte und Ausstülpungen des in Holzbauweise errichteten, quadratischen Baukörpers. Die Firma Steffen Fischer Malermeister und Stellwerk Architekten, beide Dresden, erhielten die Auszeichnung. Die farbige Fassaden­gestaltung in Erdtönen der Würzbachhalle in Blieskastel (Saarland) war dem Preisgericht einen dritten Platz wert. Die Auszeichnung ging an Maler + Stuckateur Ziehmer aus Heusweiler und das ­Architekturbüro ­Mor-schett aus Gersheim. Mit einer Anerkennung wurde die Sanierung eines Bunkers in Recklinghausen geehrt, in dem seit 1950 die Kunsthalle unter­gebracht ist. Für das Konzept verantwortlich sind die Stadt Reckling­hausen (Bauherr), der Malerbetrieb ­Ludger van der Locht (Marl) sowie das ­ansässige Architekturbüro Feja und Kemper. Die neue betriebliche Kinder­tagesstätte der Metro in Düsseldorf zeigt sich in vielen Fassadendetails von einem natürlichen Vorbild inspiriert: ­einem Baum. Für diese Idee gab es ebenfalls eine ­Anerkennung. Sie geht an den Maler­betrieb Hans Sturm aus Rheinberg und Marc Eller ­Architekten, Düsseldorf.

Industrie- und Gewerbebauten
Erfreut zeigten sich die Juroren, dass in diesem Jahr auch in der Kategorie ­»Industrie- und Gewerbebauten« viele Einreichungen zu beurteilen waren. Den ersten Preis in dieser Sparte holte sich der markante Auftritt des neuen Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke ­Lemgo. Die Ehrung teilen sich die Stadtwerke Lemgo (Bauherr) mit dem Malerbetrieb Quast und den »hsd-Architekten« (beide Lemgo). Ein Fassaden-Layout in Koblenz eroberte den zweiten Preis. Das Landschaftsbauunternehmen ­Nuppeney Grünanlagen ließ dort sein Firmengebäude von Maler Schieß Meis­terbetrieb nach einem Entwurf des ­Architekten Jens J. Ternes ­(Koblenz) farblich und CI-gerecht inszenieren. Die Auszeichnung wurde an den Handwerksbetrieb und den Planer verliehen.

Historische Gebäude und Stilfassaden
Architekturgerechte, schöpferische ­Farbinterpretationen sind auch bei ­historischen Gebäuden und Stilfassaden möglich. Das zeigen der erste und der zweite Preis in dieser Kategorie sowie die beiden Anerkennungen. In Oschers­leben hat der ansässige Malerbetrieb Hasselmann ein gründerzeitliches ­Bürger­haus mit einer feinen Komposition aus Weiß und Grau zum Leitfarbton »Veroneser Grün« frisch gemacht. Die Farbtonabstimmung wurde mit dem ersten Preis an den Malerbetrieb honoriert. Ein Fachwerkhaus mit einer ornamental verzierten Schaufassade zeigt sich nach aufwendigen Sanierungsarbeiten mit neuer Vitalität – den zweiten Preis für diese Arbeiten an einem Gutswohnhaus in Recklinghausen verlieh das Preisgericht  an Malermeister Herbert Behrendt (Oer-Erkenschwick) und Architekt Thomas Serwe (Recklinghausen). Ein »Fest in Grau und Weiß« sah die Jury in der Farbgestaltung einer Jugendstilvilla in Wuppertal. Eine verdiente Anerkennung zeichnet die Leistung von Jürgen Feistel Malerbetrieb (Wuppertal) aus.
Eine weitere Anerkennung verdiente sich eine gestalterische Leistung, welche  die Qualitäten einer Villa aus dem Jahre 1911 in zwei warmen Grau- und einem gedämpften Grünton wieder erlebbar macht. Mit der Prämierung wurden Hausbesitzer Phillip Herrich und sein Architekturbüro Stellwerk (Dresden) ausgezeichnet.

Energieeffiziente Fassadendämmung
In Hamburg-Iserbrook erhielt ein 14-geschossiges Hochhaus aus den 1970er-Jahren neben einem durchdachten ­Wärmeschutz auch ein plas­tisches Fassadenrelief aus Putz und Aluminiumverbundplatten in Sand-, Rot-, Grau- und Schwarztönen. Dafür ging der erste Preis an Alas Hochbau und dem Büro »nps tchoban voss« Architektur und Städtebau (Hamburg).
Der 2. Preis belohnt ein ­Sanierungsprojekt in der ­Elbestadt, bei dem Dämmmaßnahmen mit einer fröh­lichen Fassadengestaltung verbunden wurden. Die Auszeichnung ging an die Hanseatische Siedlungsgesellschaft, den Malereibetrieb Dinger (beide Hamburg) und die H. J. Rath Handelsgesellschaft Malerei (Hohenaspe) sowie Huke-Schubert Berge Architekten (Hamburg).
Ein ansprechendes plas­tisches Äußeres erhielt eine Wohnanlage aus den 1970er-Jahren in Schopfheim (Lörrach). Der dritte Preis würdigt die Teamleis­tung der Städtischen Wohnbaugesellschaft Lörrach (Bauherr), des Malerbetriebs Göring aus Maulburg sowie von Wilhelm und Hoven­bitzer + Partner Freie Architekten (Lörrach). Zwei ­Förderpreise und eine Sonder­prämierung für ­Gestaltungen aus Österreich rundeten ­den gelungenen Wettbewerbsjahrgang des »Deutschen Fassadenpreises 2012« ab.

Abbildungen: 1.-13. Brillux            Ausgabe: 11/2012