Zum normalen Baustoff gehört eine DIN

Jetzt ist Lehm ein geregelter Baustoff. Für den Anwender erhöht sich damit die Produkt­sicherheit. Dazu sprach Dr. Constanze Küsel vom Dachverband Lehm mit Prof. Dr. Christof Ziegert, dem Obmann des Normausschusses Lehmbau und seinem Stellvertreter Ulrich Röhlen.

Dr. Küsel: Im August diesen Jahres wurden die DIN-Normen für im Werk hergestellte Lehmsteine (DIN 18945), Lehmmauermörtel (DIN 18946) und Lehmputzmörtel (DIN 18947) veröffentlicht. Warum wurden für diese immer noch als exotisch geltenden Baustoffe solche doch sehr aufwendigen Regelwerke entwickelt?

Röhlen: Genau das ist der Punkt. Lehmbaustoffe sind eben nicht mehr exotisch. Als ökologische, Ressourcen schonende und auch für energetische Optimierungen gut einzusetzende Baustoffe werden sie verstärkt nachgefragt. Dies ist auch der Grund, weshalb das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) an den Dachverband Lehm herangetreten ist und uns mehr oder minder auferlegt hat, DIN-Normen für im Werk hergestellte Lehmbauprodukte einzuführen. Nach Ansicht des DIBt sind Lehmbaustoffe derart verbreitet, dass sie nun »ganz normal« sind und zu einem normalen Baustoff gehört nun mal auch eine DIN.

Dr. Küsel: Was für Vorteile hat das Handwerk durch die Normierung?
Prof. Ziegert: In den Normen sind die Qualitätsanforderungen erstmals für verschiedene Einsatzgebiete detailliert festgelegt. Sowohl der Planer als auch der Anwender können nun zielgerichtet das richtige Produkt wählen. Dabei sind nicht nur Festigkeitseigenschaften definiert, sondern auch ökologische oder raumklimatische Eigenschaften, wie zum Beispiel das Wasserdampfsorptionsvermögen.
Die DIN-Normen und damit die regelmäßige Qualitätskontrolle der Produkte garantieren natürlich auch die notwendige Produktsicherheit für den Handwerker.

Dr. Küsel: Werden kleine Hersteller durch die Normen benachteiligt?
Röhlen: Wir haben bei der Erarbeitung der Normen darauf geachtet, dass Prüf­intervalle nach Tonnage und nicht nach Zeit festgelegt sind. Damit konnten wir eine Benachteiligung kleiner regionaler Hersteller vermeiden.

Dr. Küsel: Sind denn weiterhin auch Baustellenmischungen zulässig wie bei anderen Mörteln?
Röhlen: Ja, hier gelten weiterhin die Lehmbau-Regeln, die als technisches Regelwerk seit 1998 bauaufsichtlich eingeführt sind. Sie definieren die Rahmenbedingungen für die Planung und Anwendung von Lehmbaustoffen im Allgemeinen und eben auch grobe Qualitätskriterien von Baustellenmischungen. Gerade im Bereich der Restaurierung und Denkmalpflege sind Baustellenmischungen, zum Beispiel Strohlehm für Fachwerksausfachungen, durchaus verbreitet und haben hier ihre Berechtigung.

Dr. Küsel: Ist die Einführung weiterer DIN-Normen geplant?
Prof. Ziegert: Ein großer Erfolg ist die Integration von Lehmputzen in den Entwurf der Putzanwendungsnorm DIN 18550 beziehungsweise der europäischen Norm EN 13914-2. Dort sind dann Lehmputzmörtel selbstverständlich neben Zement-, Kalk- und Gipsmörteln aufgeführt. Dies bedeutet, dass zukünftig bei Ausschreibungen von Putzarbeiten gemäß der Anwendungsnorm ebenfalls Lehmputzmörtel eingesetzt werden können.
Die nächste Produktnorm soll für die im ökologischen Trockenbau verbreiteten Lehmbauplatten erarbeitet werden.

Ausgabe: 11/2013