Manuel Gläser von Gröber Ausbau + Fassade in Stuttgart bringt Erfahrung aus Handwerk und IT zusammen und kann die Hälfte seiner Arbeitszeit für Digitalthemen verwenden

Im Rahmen des Projekts DigiGAAB arbeiten bislang zwölf Stuckateurbetriebe aus Baden-Württemberg daran, Informationen und Erfahrungen zum Thema Digitalisierung in ihren Betrieben auszutauschen. Wie weit die teilnehmenden Betriebe sind und wie sie im Netzwerk voneinander lernen wollen, berichten sie im Gespräch mit ausbau + fassade.

Christian Schwarz ist für die Sauer GmbH aus Epfenbach bei DigiGAAB dabei. Im Arbeitsalltag ist er ein Allrounder für digitale Arbeiten wie Angebote, Kalkulationen, aber auch Instagram und Facebook. »Ich werde hier im Bereich Digitalisierung gefordert und gefördert«, freut sich der 29-Jährige. Sein Betrieb arbeitet mit einem zentralen Server, an den Terminals für die einzelnen Mitarbeiter angeschlossen sind.

Wichtige IT-Tools sind die Tabellenkalkulation Windows Excel für das Aufmaß, Stucki2 von Ulmer EDV für die Verwaltung von Stammdaten, Angeboten, sowie Materialein- und -ausgang. Außerdem nutzt sein Unternehmen das Programm Memomeister zur Kommunikation.

Das sei besser als Whatsapp, für Handwerker gemacht und optimiert, betont Schwarz. Sein Team dokumentiert damit Bilder von der Baustelle mit dem aktuellen Stand. »Das ist durch die Ordnerstruktur übersichtlicher als die Arbeit mit Whatsapp. Ich kann auch Ordner zur Dokumentation extrahieren und ablegen«, erklärt Schwarz.

Instagram für die Kommunikation, Akquise und Imagebildung

Ein wichtiges Thema ist für Schwarz Instagram. »Wir sind seit Anfang 2019 bei Instagram, so langsam kommt die Resonanz. Uns folgen auch viele andere Maler und Stuckateure. Die Plattform ist wichtig für den Austausch unter Kollegen, aber auch zur Kundenakquise.« Für die nächste Generation sei das noch relevanter: »Wenn wir Stellenanzeigen schalten, ist eine Präsenz auf Instagram für das Image unseres Betriebs wichtig.«

Für ihn ist Digitalisierung auch ein Weg, um den Beruf für Lehrlinge spannender zu machen und zu zeigen, dass der Beruf des Stuckateurs nicht nur mit der Gestaltung von Fassaden zu tun hat, sondern dass sie sich auch mit Digitalisierung beschäftigen können, wenn es sie interessiert.

Das sieht auch Simon Bieberle so, der für die Heller Stuckateur + Maler GmbH bei DigiGAAB dabei ist: »Zur Nachwuchsgewinnung ist Digitalisierung wichtig. Unser Beruf besteht nicht nur aus Dreck auf der Baustelle, sonder auch aus Know-How und Innovation.« Ein Bautagebuch wäre für ihn da ein wichtiger Schritt. Derzeit nutzt sein Unternehmen die Chat-Software Telegram für Bild und schnelle Kommunikation.  Whatsapp war dafür keine Option, »da ist es mit Bildrechten schwierig, außerdem kann jeder mitlesen«, sagt Bieberle.

Die Kollegen für digitale Aufgaben zu begeistern ist nicht so einfach. Viele hätten vor Neuem Angst, »Schaffen ist okay, aber andere Aufgaben werden als Zusatzbelastung empfunden«, beschreibt er den Zustand. Mehrarbeit sei es natürlich, aber Lösungen wie moderne Spracheingabe entlaste auch. »Im Moment lerne ich einen Jungmeister ein, der Interesse hat und mich beim Thema Digitalisierung unterstützen kann.

Alle sind sonst eher kontra digital, obwohl wir ein junges Team sind, und wollen keine zusätzlichen Aufgaben.«  Mit den Bautagebüchern könne man zeigen, wie ein Haus vor der Baumaßnahme ausgesehen hat und wie es danach aussieht und sich mit wenig Aufwand differenzieren. »Mund-zu-Mund-Propaganda bleibt wichtig, dabei sind Bautagebücher eine wichtige Unterstützung«, ist Bieberle sicher.

Neue Ideen entstehen

Erste Anstöße hat Christian Schwarz für die Sauer GmbH bereits aus dem Projekt mitgenommen. Beim Besuch auf dem Innovationspfad des Kompetenzzentrums digitales Handwerk ist er auf ein 3-D-Zeichenprogramm gestoßen, das er jetzt ausprobiert.  Auch ein 3-D-Laser mit Bildern von einem kompletten Raum hat ihn dort beeindruckt, der war aber mit 16000 Euro außerhalb der finanziellen Reichweite. Aber das Thema ist bei Schwarz dennoch gesetzt: »Wir müssen uns beim Thema Visualisierung auf unsere Kunden einstellen, die Kundschaft ändert sich und erwartet das zunehmend.

« Noch wichtiger als das Kennenlernen einzelner Anwendungen aber ist ihm das »Große Ganze«. „Für mich ist es wichtig, mit den Partnern zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen, von Kollegen zu lernen und Wissen weiterzugeben, andere zu fragen, welche Apps und welche Programme sie nutzen und wie die Erfahrungen damit sind. Seine Erwartung:  »Durch Brain­storming mit anderen entstehen neue Ideen.«

Auch für Manuel Gläser von Gröber Ausbau + Fassade ist ein zentrales Plus der Austausch mit Anderen, die auch aus dem Handwerk kommen. Spannend ist für ihn, dass die beteiligten Unternehmen unterschiedlich weit sind. Für ihn hat »besonders das Thema Gefährdungsbeurteilung, Gesundheit und Arbeitsschutz  eine hohe Bedeutung«, betont er. Er ist seit 2018 im Unternehmen und  beschäftigt sich mit der Verbesserung der digitalen und analogen Prozesse. Durch eine kombinierte Ausbildung zum Maler und Lackierer und eine kaufmännische Ausbildung als Groß- und Einzelhandelskaufmann mit Erfahrung im Vertrieb bei einem IT-Dienstleister bringt er Erfahrung aus Handwerk und IT zusammen.

Zirka die Hälfte seiner Arbeitszeit kann er für Digitalthemen verwenden. Das Software-Rückgrat im Unternehmen ist die Plattform Winworker von A bis Z. Als wichtiges Projekt steht bei Gröber die Digitalisierung der Materialwirtschaft sowie die allgemeine Verbesserung der internen Prozesse auf der Agenda.

Raphael König, Stuckateurmeister und Bauleitung bei der Soyez Stuckateur GmbH verspricht sich von DigiGAAB Input dazu, wie Prozesse künftig in den Bereichen Personal, Warenwirtschaft,  Baustellenablauf und Prozesssteuerung digitalisiert ausgeführt werden können.

Bereits umgesetzt hat er digital belegloses Buchen, eine Plattform zur Materialbestellung, Akkordabrechnung, Mitarbeitereinteilung und  Qualitätskontrolle sowie einen digitalen Materialschein bei Entnahme von Lagermaterialien. Konkrete Digitalisierungsvorhaben sind für ihn der Aufbau einer Verkaufsplattform im Internet und der Einsatz von Roboting auf Baustellen.

Mitarbeiter mitnehmen

Manuel Gläser schätzt die Zukunftswerkstätten, die in DigiGAAB angeboten werden. Sie bieten die Möglichkeit, Programme und Softwareumgebungen ausführlich zu entdecken und zu testen, bevor man sie für den eigenen Betrieb anschafft und dort installiert. »Wir werden in einem ersten Schritt über die Zukunftswerkstätten eine Vorauswahl für uns treffen und im zweiten Schritt bei der Endauswahl von Produkten auch die Mitarbeiter einbeziehen.

Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, alle Mitarbeiter mitzunehmen, auch die Kolleginnen und Kollegen der mittleren Führungsebene.« Auch für Christian Schwarz sind die zur Verfügung gestellten Experimentierräume wichtig: »Wir wollen die Mitarbeiter dorthin einladen. Wenn tolle neue Ideen an den Mitarbeitern vorbei eingeführt werden geht das in die Hose, Mitarbeiter müssen mit  entscheiden.«

»Wir setzen auf die Selbstständigkeit unserer Mitarbeiter, auch in der Kommunikation mit Architekten, die ­Eigenverantwortung ist hoch«, betont auch Simon Bieberle. Er sieht sich als »Bautiger und Selbermacher, durch DigiGAAB kann ich sehen, was andere digital machen, mich austauschen und mitlernen, rausfinden, was funktioniert.« Die korrekte Erfassung von Arbeitszeiten und die Zuordnung zu Projekten ist eine zentrale Aufgabe, bei der die Digitalisierung unterstützen kann.

Die mittlere Führungsebene müsse darauf achten,  dass das Unternehmen Zeiten für Anfahrt, Vorbereitung und Arbeit vor Ort sauber belegen und abrechnen und natürlich einzelnen Projekten zuordnen könne, sagt Manuel Gläser. Aber: »Nicht für alle Bereiche können wir einheitliche digitale Prozesse aufsetzen.« So sind für die ­Bereiche der öffentlichen Vergabe Rapporte zentral, für private Kunden gibt es digitalisierte Prozesse.

Christian Schwarz nutzt den Memomeister zur Dokumentation und hat dazu extra einen drahtlosen Internet-Zugang für die Lagerhalle eingerichtet. »Damit können wir das Programm dort nutzen, wo die Arbeit für den Tag eingeteilt wird.« Das Programm werde gut angenommen, auch von den älteren Kollegen. »Alle mussten schon einmal eine Baustelle von einem Kollegen übernehmen und wissen, wie wichtig es ist, dass man weiß, wo man weiterarbeiten und was man mitnehmen muss.« Damit das gut funktioniert, hat er Handys für den Einsatz vor Ort angeschafft.


Pia Grund-Ludwig, Fachautorin

 

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